Waldgartenverein Lübschützer Teiche e.V.

Chronik - Der Zeltplatz lebt wieder auf

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Der Zeltplatz lebt wieder auf

Nach dem Schock vom 23. Juli 1933 erstarb für dieses Jahr der Zeltbetrieb fast vollständig. Das traf aber nicht auf den Badebetrieb zu. Wenn auch anfänglich zögerlich, ließen sich ab 1934 wieder Zeltler auf dem Platz an den Teichen nieder. Aber es wurde ruhig um den Zeltplatz. Keine Zeitung berichtete mehr über ihn. Doch in den Kreisen jener „Roten“ von vor 1933 sprach es sich schnell herum, dass man sich hier wieder zusammen fand. Der Zeltplatz an den Lübschützer Teichen wurde wieder zu einer Sommerfrische. Aber nicht nur das. Anfang der 40erNach dem Krieg erinnerte sich Karl Liebmann an das Jahr 1934: „Wir fuhren zur Kartoffelernte zum Stoppeln an die Lübschützer Teiche. Hier hatten sich verschiedene arbeitslose Kollegen ein Zelt oder eine Laube gebaut.“ Kartoffelnstoppeln – in den Jahren 1945 bis 1948 wieder eine lebenserhaltende Maßnahme. Man ging mit allen möglichen Gartengeräten auf die abgeernteten Kartoffelfelder und grub nach nicht abgelesenen Kartoffeln. Wenn die Bauern und Landarbeiter großzügig oder auch nicht zu ordentlich gearbeitet hatten, dann konnte man sich für ein oder zwei Tage das Mittagessen suchen. Darüber hinaus wurden die Lübschützer Teiche auch ein Treffpunkt von Antifaschisten unterschiedlichster Richtungen, die nun aber sehr bemüht waren, ihr unpolitisches Image zur Schau zu stellen. Im Untergrund aber wurde politisch gearbeitet. Man fand sich am 1. Mai regelmäßig zusammen und beging den „Tag der Arbeit“ auf seine Weise. Es wurde diskutiert und „in Familie“ die Meinung ausgetauscht. Der Leipziger Nazigegner Otto Groschupp erinnerte sich: „Ich hatte ein Zelt an den Lübschützer Teichen. Dort traf ich mich mit Genossen, um den Moskauer Rundfunk abzuhören, mit einem von mir gekauften Batterie-Gerät Marke Braun. Im Anschluß fanden dann die berühmten Diskussionen statt.“ Hier wurde aber nicht nur Radio Moskau, sondern wegen des Empfangs besonders Radio London und Radio Beromünster abgehört. Der „Maler mit dem roten Stern“ Alfred Frank kam nun nicht mehr mit den Schülern der MASCH hier her, denn diese war verboten worden, sondern mit seinen Malschülern von der Volkshochschule. Seine Frau Gertrud Frank, die später auch eines der Gartengrundstücke in der Siedlung besaß, erinnerte sich, dass Alfred Frank bis zu seiner Verhaftung sowohl hier zeichnete, als sich auch hier mit anderen Widerstandskämpfern traf, um Aktionen vorzubereiten und über die Zeit nach Hitler zu diskutieren. Auch andere Antifaschisten aus der Widerstandsorganisation um Georg Schumann trafen sich hier im Zelt oder auch in einer der Lauben. Bekannt ist das z.B. von Kurt Kresse, der zusammen mit Georg Schumann und Alfred Frank am 11.1.1945 in Dresden hingerichtet wurde.

Die Siedlung im Jahr 1945

Nach den großen Bombardements auf Leipzig und der Verschlechterung der allgemeinen Lebenslage in der Großstadt wurden die Lübschützer Teiche zu einer Fluchtburg für die Siedler. Hier suchte man Schutz vor dem Bombenterror und manch einem bot die kleine Laube auch nach dem Verlust von Hab und Gut eine erste Bleibe. Hier konnte man damit rechnen, dass man vom Bombenhagel verschont bleiben würde. Zuerst ohne Erlaubnis, später mit der der Gräflich von Hohenthal-Püchau´schen Revierverwaltung Lübschütz wurden nun die Gärten zur Versorgung mit Gemüse, Beeren und Obst genutzt. Darüber hinaus bot der nahe Wald die leckeren Pilze und Waldfrüchte. Vom Einmarsch der US-Armee im April 1945 wurde in der Laubenkolonie nichts Im Jahre 1945 bemerkt, denn die GIs scheinen sich nicht nach hier verirrt zu haben. Ähnlich verhielt es sich mit der Anfang Juli einrückenden Roten Armee, die die Laubenbewohner zwar in Ruhe ließ, doch durch die Nutzung der Teiche, das Angeln und die unkontrollierte Jagd trotzdem oft in Unruhe versetzten. Unmittelbar nach dem Kriegsende wurden in einige der kleinen Lauben auch Flüchtlinge, Umsiedler, Vertriebene eingewiesen und viele Laubenbesitzer versuchten hier ihr Überleben zu sichern. Die Zwangseinweisung erfolgte während der amerikanischen Besatzungsperiode durch den Bürgermeister von Machern, der dieses Amt schon während der NS-Zeit ausgeübt hatte. Es ist darum nicht verwunderlich, dass im Nachhinein festgestellt werden konnte, dass von dieser zeitweiligen de fakto „Enteignung“ vor allem die sich nun wieder bekennenden Nazigegner betroffen waren, bekannte Nationalsozialisten jedoch verschont wurden. Doch nach dieser Episode normalisierte sich das Leben an den Lübschützer Teichen recht schnell. Die Pächter kehrten in ihre Gärten zurück und nutzten sie nunmehr weniger zur Erholung als vielmehr zum Überleben. Darüber hinaus verdingten sie sich während der Erntezeit als billige Erntehelfer der Bauern der umliegenden Dörfer. Für einen Korb Kartoffeln brachten sie die Ernte der Bauern ein. Und auf den Feldern oberhalb der Kolonie wurden kleine Bodenflächen abgesteckt, auf denen die Kolonisten Kartoffeln und Gemüse anbauen konnten.

Die Siedlung nach dem II. Weltkrieg

Die Anfänge der Siedlung 1945/ 46

Als 1945 viele Nazigegner, die bis zu ihrer Verhaftung oder auch der Einberufung zur Wehrmacht an den Lübschützer Teichen schöne und schwere Stunden verbracht hatten, die hier politische Arbeit leisteten und von einem besseren Deutschland träumten, in die Heimat zurückkehrten, da fanden sie schnell wieder an die Lübschützer Teiche. Zu ihnen gehörten, Herbert Findeisen, Hellmut Friedrich, Werner Fuchs, Erich Große, Arthur Hecht, Paul Hessel, Herbert Kleinschmager, Paul Kunath, Kurt Obendorf, Max Rothe, Werner Schmiedgen, Otto Vollrath, Otto Werner und Arthur Wilke. Otto Vollrath und Arthur Wilke waren unter den Leidtragenden des Überfalls von SA, SS und Polizei im Juli 1933 auf dem Zeltplatz gewesen. Noch im Sommer 1945 beschlossen die politisch aktiven Siedler, sich künftig zu einer antifaschistischen Siedlung zusammenzuschließen. AusweisDie Siedlung nannten sie zunächst „Antifaschistische Gedächtnissiedlung 12. Januar 1945 Lübschützer Teiche“. Die Nacht vom 11. zum 12. Januar ist der Zeitpunkt, an dem die Mitglieder der Widerstandsgruppe um Georg Schumann, Otto Engert und Kurt Kresse, und mit ihnen auch der Maler Alfred Frank, in Dresden hingerichtet wurden. Später änderten sie den Namen der Siedlung in „Alfred Frank-Siedlung“ um. Offiziell wurde die Siedlung am 4. April 1946 gegründet, nachdem durch die Bodenreform die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen worden waren. Die für Kapitel 2 Die Siedlung nach dem II. Weltkrieg die Siedlung historische Versammlung fand im Gasthof Hofmann in Lübschütz statt. Nachdem sich der Vorstand konstituiert hatte, erfolgte im Beisein des Landrats des Kreises Grimma und des Verantwortlichen der Kreis-Bodenkommission die Übergabe der Bodenfläche, die der Siedlung zugesprochen worden war. Durch Ortsbesichtigung und Grenzziehung war vorher bereits die genaue Größe festgelegt worden. Ursprünglich waren es 37 Hektar. Die Urkunde darüber wurde am 25. April 1946 ausgestellt. Der Eintrag ins Grundbuch von Lübschütz erfolgte im Band IV, Blatt 130. Dass die Siedlung im Zuge der Bodenreform das Land übereignet bekam, unterscheidet sie von den Gartenvereinen im üblichen Sinne, die in dieser Zeit im allgemeinen enteignet wurden. Als erstes Dokument der Siedlung ist ein Protokoll über die Vorstandssitzung vom 7. September 1946 erhalten geblieben. Auf dieser Sitzung wurde die Generalversammlung der Siedlung am folgenden Tag, dem 8. 9. 1946, beraten. Sie begann um 14 Uhr auf dem Sorgenberg und endete 16.30 Uhr. Paul Hempel, der wiedergewählte Vorsitzende, gab einen Überblick über die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit. Mit der Benennung der Siedlung, so heißt es im Protokoll, wurde betont, „daß wir eine politische Siedlung sind“. Alle Nazis seien „ausgeschaltet“ worden, was wohl heißt, dass sie ihr Pachtland aufgeben mussten, allerdings gegen Entschädigung des Laubenwertes. Das betraf 14 Pächter, von denen zehn gegen die Kündigung protestierten und einen Rechtsanwalt beizogen. In einem Fall wurde sogar die CDU mobilisiert. Alle Fälle wurden jedoch zugunsten der Siedlung und gegen die ehemaligen Pächter entschieden. Nach der Generalversammlung sollte die Verteilung des Landes stattfinden. Es wurden bisher 117 Parzellen vermessen und 180 ausgeschrieben, heißt es im Bericht. „Die Parzellen werden daher verlost und die Bewerber, die jetzt keine Parzelle erhalten können, werden bei der nächsten Verteilung berücksichtigt.“ Es seien ca. 500 Bewerber vorhanden gewesen, „alles Aktivisten und fast alle Mitglieder der SED“. Bei der Auswahl der Neusiedler wurde nach dem Gesichtspunkt verfahren, dass diejenigen in den Besitz einer Parzelle kommen sollten, die der Siedlung weiterhin ihren (politischen) Charakter garantieren würden. Die Generalversammlung beschloss, dass an Mitglieder, die sich dauerhaft in der Siedlung aufhalten, 10 Bäume ausgegeben werden sollten, um ihnen über die gegenwärtige Brennstoffknappheit hinwegzuhelfen. Wer Ferien in der Siedlung verlebte, sollte fünf Bäume gegen eine geringe Entschädigung erhalten. Offenbar wurden in den Gärten Kartoffeln angebaut, denn es wurden 40 Zentner Saatkartoffeln gegen Entschädigung geliefert. Um die laufenden Ausgaben der Siedlung zu decken, sollte in Zukunft ein jährlicher Unkostenbeitrag von 5 Mark je 200 Quadratmeter erhoben werden. Ein schwerwiegendes Problem war die Wiedereröffnung der Kantine am Teich. Es müsse äußerst scharf kalkuliert werden. Künftige Überschüsse sollten zum Ausbau der Kantine und zugunsten der Siedlung verwendet werden. Außerdem wurde der Plan gefasst, im Kiefernwald ein Ferienheim zu errichten. Erwogen wurde auch der Bau mehrerer Brunnen, wozu es aber an Material fehlte. Wenige Tage nach der Generalversammlung wandte sich der neugewählte Vorsitzende Paul Hempel in einem Brief an die Vorstandsmitglieder. Er informierte darin u. a. über eine Mitteilung des Landratsamtes Grimma, aus der hervorging, dass die Landesverwaltung Sachsen der Siedlung das betreffende Land im Zuge der Bodenreform übereignet hatte. Das vom Landrat unterzeichnete Schreiben hatte laut Mitteilung des Vorsitzenden Hempel folgenden Inhalt: „Das Land, auf dem die Lauben stehen, gehört zur Bodenreform. Nach der Verordnung über die Bodenreform ist der gesamte Grund und Boden entschädigungslos enteignet und darunter fallen auch die Lauben. Die Lübschützer Teiche und ca. 12 Hektar Land wurden der Vereinigung Gedächtnissiedlung durch die Landesverwaltung übereignet. Da es sich hier um eine antifaschistische Gedächtnissiedlung handelt, kann dem Besitzer nicht zugemutet werden, ehemalige Pg.s (Parteigenossen, damalige Bezeichnung für Mitglieder der NSDAP) in ihrer Mitte zu dulden. Es ist daher als sehr entgegenkommend zu bezeichnen, daß der Leiter der Organisation, Herr Hempel, die Lauben gegen Entschädigung übernehmen will, da die Lauben auf dem enteigneten Grund und Boden stehen. Es muß daher das Verhalten des Herrn Hempel gebilligt und als großzügig anerkannt werden.“ Eine Satzung, Ordnung oder ähnliches, die Verhaltensweisen in der Siedlung regelndes Dokument ist uns aus jenen Jahren nicht bekannt. Es hat sie entweder nicht gegeben oder es ist keines erhalten geblieben. Die uns bekannte älteste Satzung stammt aus dem Jahr 1959.
seite 26Sie stellt (immerhin 14 Jahre nach der Gründung der Siedlung!) im Absatz „Erwerb der Mitgliedschaft“ klar: „Mitglied der Siedlung können Werktätige werden, die vorbehaltlos auf dem Boden der Arbeiter-und-Bauernmacht der Deutschen Demokratischen Republik stehen und zu deren Sicherung und weiterem Aufbau nach besten Kräften beitragen. Die Mitgliedschaft in politischen Parteioder Massenorganisationen ist Voraussetzung. Anerkannte Verfolgte des Naziregimes (VdN) werden bevorzugt aufgenommen.“ Diesen Grundsätzen entsprach auch die Benennung der Wege in der Siedlung. Die meisten Wege trugen Namen von Leipziger Antifaschisten, die vom Hitlerregime ermordet wurden. Dieses Prinzip wurde aber nicht durchgängig verfolgt, es kam auch zu Übertreibungen und Missgriffen. So z. B. „Weg der DSF“, „Ph.-Müller-Weg“, „ Leninweg“ und andere.

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