Chronik
Übersicht der Themen
Das folgende Dokument wurde zum 70. Geburtstag unserer Siedlung als Vereinsgeschichte des Waldgartenvereins "Lübschützer Teiche e.V." von den nachfolgenden Personen inhaltlich und redaktionell gestaltet. Es dient als Grundlage für die Fortführung unserer Chronik durch Frau Winkler und Frau Hanschmann.
Text und Redaktion
Dr. Dieter Kürschner
Eberhard Bartholomäus
Martin Schroeter
Jürgen Bernhardt
Das Projekt wurde durch Fotos, Dokumente und durch Berichte von Zeitzeugen u. a. unterstützt:
Fam. Evers
Fam. Illgen
Fam. Buschmann
Fam. Niegel
Fam. Exner
Fam. Goudschmidt
Fam. Nöbel
Fam. Dölle
Fam. Sucker
Fam. Meding
Frau Fleischer
Fam. Günther
Fam. Olbricht
Herr Otto
Fam. Grunow
Frau Fuckert
Gestaltung • Satz • Layout
Claudia Pötzsch
Werner Dölle
Gesamtherstellung
Penta Point Leipzig GmbH ©2003
Printed in Germany by Saaledruck Naumburg GmbH
Die Vorsitzenden des Vereins in zeitlicher Reihenfolge
Paul Hempel
Kurt Richter
Werner Schmiedgen
Arthur Haring
Erich Große
Herbert Findeisen
Wolfgang Exner
Lutz Birkmann
Eberhard Bartholomäus
Jürgen Bernhardt
Heike Eckert
Detlef Groth
Hans-Jürgen Quast
Sina Wilhelm
Genieße mäßig Füll und Segen!
Vernunft sei überall zugegen,
wo Leben sich des Lebens freut.
Dann ist Vergangenheit beständig,
das Künftige voraus lebendig
der Augenblick ist Ewigkeit.
Johann Wolfgang von Goethe
Die Lübschützer Teiche sind seit Jahrzehnten Anziehungspunkt für die Menschen der Region. Die Schönheit und Naturbelassenheit des Geländes war sicher mit ausschlaggebend für die Entstehung und Entwicklung des Campingplatzes sowie des Gartenvereins in den zurückliegenden siebzig Jahren. Mit dem Versuch, Geschichte und Geschichten um die Lübschützer Teiche sowie die Entwicklung unseres Vereins von der Laubenkolonie am Sorgenberg Anfang der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts bis zum Waldgartenverein Lübschützer Teiche e.V. im Jahre 2003 niederzuschreiben, möchte der Vorstand den Vereinsmitgliedern und den Besuchern der Lübschützer Teiche die Möglichkeit geben, sich mit der Geschichte der Siedlung und der Gegend, in der sie sich befindet, zu beschäftigen.
Die Entwicklung unseres in Deutschland wohl einmaligen Vereins, des Freibades und des Campingplatzes ist mehr als nur eine Summe der Gärten und der Camper, ihrer Gäste und der Besucher. Hier ist eine wertvolle Begegnungsstätte entstanden von Menschen mit ihren Familien, die sich hier angesiedelt haben, um ihre Freizeit sinnvoll, in gesunder und natürlicher Umgebung mit Freunden, Verwandten und Bekannten zu verbringen. Jede dieser dadurch entstandenen Familiengeschichten ist einzigartig und in ihrer Summe der Schlüssel zur Vergangenheit, der eigenen, wie der unseres Vereins. Familiengeschichten - in Freud wie im persönlichen Leid - sind in unzähligen Fällen direkt mit dem Verein und den Lübschützer Teichen verbunden.
Das Werden und Wachsen der Siedlung und des Campingplatzes von den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts bis über die Jahrtausendwende hinaus stellt sich als eine sehr eng an die geschichtlichen und politischen Zäsuren Deutschlands - darin eingebettet der DDR - gekoppelte Entwicklung dar. Sie tritt vielleicht in keinem anderen Verein und an keiner anderen Stelle so klar und deutlich zu Tage wie hier an den Lübschützer Teichen. Aber, unabhängig von politischen Ansichten und weltanschaulichen Aspekten, haben die Menschen hier auf engstem Raum ihre Parzelle besiedelt oder mit ihrem Zelt viele Stunden und Tage in Gemeinsamkeit verbracht.
Wie oft findet man über Jahrzehnte an der Gartentür Namenschilder mit gleichem Familien-, doch wechselndem Vornamen, denen der Kinder oder auch schon der Enkel, denn die Wochenendgrundstücke gingen und gehen oft von einer Generation auf die nächste und übernächste über. Und wie oft hört man von Gartenfreunden, die „früher“ geboren wurden, wie sie hier ihre Kindheit mit den Großeltern oder Eltern verbracht haben und dabei langjährige Freundschaften, ja sogar so manche Ehen, entstanden sind. All diese Erinnerungen und Erlebnisse wurden beim Studium der leider nur noch wenigen vorhandenen Dokumente, in Gesprächen mit älteren Gartenfreunden, beim Aufschreiben und Lesen wieder lebendig. Und allein dafür hat sich die Arbeit gelohnt. Es zeigt einmal mehr, dass wir alle auf das von den Generationen vor uns, wie auf das von uns selbst Geschaffene zu Recht stolz sein können.
Leider haben wir erst sehr spät mit dem Sammeln von Erinnerungen und dem Führen einer Chronik des Vereins begonnen – es gab eben immer wichtigere aktuelle Aufgaben. Dadurch ist leider vieles Erhaltenswerte, vieles Erinnerungswürdige verloren gegangen.
Wir wünschten uns sehr, dass die nun vorliegende Arbeit von unseren Nachfolgern zum Anlass genommen wird, die Geschichte fortzuschreiben und damit für die nach uns Kommenden zu erhalten.
Alle Mitstreiter an dieser Arbeit, die doch recht umfangreiche Recherchen erforderte, würden sich über eine „Rückmeldung“ der Leser freuen. Und sollte manch Einer noch historisches Material aus unserer Vergangenheit finden, wären wir ihm dankbar, wenn er uns dieses zur Verfügung stellen würde.
An dieser Stelle möchten wir uns recht herzlich bei allen Siedlerfreunden bedanken, die uns Material, Unterlagen und Bilder über die Vergangenheit unseres Vereins und das Leben an den Lübschützer Teichen überlassen haben und jenen, die uns ihre Erinnerungen an die Entwicklung unserer Gartenkolonie sowie so manches interessante Geschichtchen berichteten. Unser besonderer Dank gilt unseren Gartenfreunden Eberhard Bartholomäus, Werner Dölle und Martin Schroeter sowie Dr. Dieter Kürschner für ihre immense Arbeit an diesem liebevoll gestalteten Büchlein.
Ihr Jürgen Bernhardt
Vorsitzender des Waldgartenvereins Lübschützer
Teiche e.V.
Juni 2003
Die Teiche, die Zeltstadt und die Laubenkolonie am Sorgenberg bis zum Ende des II. Weltkrieges
Eines der landschaftlich schönsten Eckchen in der Umgebung von Leipzig liegt zwischen Machern und Lübschütz. Hier, vom Tresenwald ausgehend, verläuft der Tresengraben, eine natürliche Geländevertiefung, die sich bis zur Mulde zieht. Dieser Graben gehört zum Tauchaer Endmoränenbogen, einem Überbleibsel der Eiszeit.
Schon seit Jahrhunderten ist von dem im Graben fließenden Bächlein kaum noch etwas zu erkennen, denn bereits im 15. Jahrhundert ließen die Püchauer Grundherren den Bach an mehreren Stellen anstauen und damit entstand auf Lübschützer Flur eine Kette von ursprünglich sieben Teichen. Von West nach Ost folgten aufeinander Sahlweidenteich (früher Zeilweidenteich, 9,3 ha), Galgenteich (7,7 ha), Quellteich (1,1 ha), Stachelnußteich (0,5 ha), Schwemmteich (0,8 ha) sowie östlich der B 107 der Mühlteich (0,8 ha) und schließlich der kleine Lübschützer Dorfteich (0,2 ha). Der heute westlich des Sahlweidenteiches befindliche 6 ha große Plagwitzer Fischteich oder auch Iristeich genannte Stausee wurde erst 1979 angelegt.
Der Sahlweidenteich trägt seinen Namen nach der in Deutschland häufigsten Weidenart, der Sal- oder Palmweide (Salix caprea). Diese Weide, die zumeist als Strauch, seltener als Baum vorkommt, wächst bevorzugt an Gewässern und dürfte wohl auch am Sahlweidenteich bestimmend gewesen sein. Die unterschiedliche Schreibweise ist darauf zurück zu führen, dass der Teichname älter ist als die einheitlichen Festlegungen des Herrn Duden und die historisch entstandene und nunmehr nicht mehr exakte Schreibweise beibehalten wurde. Man sollte sich auch nicht wundern, dass es auf Karten immer mal eine andere Schreibweise gibt. Bei kleineren geografischen Objekten gibt es zumeist keine genaue Festlegung zur Schreibweise.
Alles Wissen über die Teiche verdanken wir dem emsigen Heimatforscher Klaus Ungewiß vom Püchauer Heimatverein. Er belegte auch den Grund, warum die Herren auf Püchau die Teiche anlegen ließen. Es war nicht die Landschaftsgestaltung und sie dachten schon garnicht an die Naherholung für die Leipziger, sondern es waren natürlich wirtschaftliche Interessen. Die Teiche waren und sind Fischteiche. Sie hatten vor allem in der vorreformatorischen Zeit eine große Bedeutung, denn während der Fastenmonate war das Essen von Fisch erlaubt und so füllten nicht nur die Felder und Wälder derer von Püchau, sondern auch ihre Teiche den Tisch der Herrschaften.Die Teiche wurden durch einen Teichmeister mit bis zu zwei Fischern bewirtschaftet, entweder als Angestellte des Grundherrn oder auch als Pächter.
Auch weitere wirtschaftliche Interessen waren mit den Teichen verbunden. So diente der Wasserstau dem Betreiben einer Mühle und bei Unwettern sowie Trockenheit auch der Wasserregulierung und außerdem wurde im Mühlteich noch Eis für den herrschaftlichen Eiskeller gewonnen.
Der Müller war sowohl Wasser- als auch Windmüller, denn neben der Wassermühle am Mühlteich betrieb er noch eine Windmühle auf einer nahe gelegenen Anhöhe.
Die Teiche sind natürlich für den Besucher des Bades, des Campingplatzes und der Gartensiedlung von besonderer Bedeutung, denn ohne sie gäbe es alle drei nicht. Sie wären jedoch bei weitem nicht so anziehend, wenn es da nicht die Wälder und vor allem die angrenzenden landschaftsbestimmenden Hügel gäbe. Trotz ihrer geringen Höhe heißen sie in der Leipziger Tiefebene natürlich „Berge“. Der für den Besucher wichtigste ist der Sorgenberg, der sich vom Sahlweiden- und Galgenteich nach Südosten bis hinauf zur Straße nach Machern erstreckt. Sein höchster Punkt liegt immerhin 172 Meter über NN.
Damit ist er nur ganze 7 Meter niedriger als der Schwarze Berg bei Jesewitz mit seinem Segelflugplatz. Vom Sorgenberg hat man einen schönen Blick über das Muldental zu den bis zu 240 Meter hohen Hohburger Bergen.
Warum der Hügel und auch ein Teil des westlich angrenzenden Waldes „Sorgenberg“ heißt, läßt sich nicht mehr belegen. Es ist eine historisch Bezeichnung, die wohl darauf zurückzuführen ist, dass der nicht gerade üppige Boden des Endmoränenhügels den einstmaligen Anwohnern mehr Sorgen als Freude bereitet haben dürfte. Aber das ist eine Spekulation und der Name könnte auch ganz anders entstanden sein.
Die Entdeckung der Teiche durch Naturfreunde in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts
Nach der industriellen Revolution in Deutschland, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, entwickelten sich Leipzig und die umliegenden Ortschaften sprunghaft. Es bildete sich ein industrielles Zentrum mit all seinen Vor- und Nachteilen für die Bevölkerung der Stadt heraus. Das ist leicht an der Zahl der Einwohner abzulesen. Hatte Leipzig 1837 noch 49.000 Einwohner so waren es 1910 bereits 589.850, was in einem dreiviertel Jahrhundert ein Wachstum auf das Zwölffache bedeutete. In Leipzig waren nicht nur die Industrie und die dazu gehörende Infrastruktur aufgeblüht, auch der Wohnungsbau hatte sich entsprechend den Notwendigkeiten in den kapitalistischen Strukturen entwickelt. Neben schönen Villenvierteln und Beamtenwohnungen waren es vor allem die Arbeiterviertel mit ihren Mietskasernen, die das Bild der Stadt bestimmten. Das Leben der Bewohner des Ballungsgebietes war von Enge, Klassenwidersprüchen und den Stadtschluchten geprägt.
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert versuchten junge Leute, Intellektuelle und Arbeiter, dieser Situation zu entfliehen. Neben einer Vielzahl politischer Parteien, kultureller Vereine und Bildungsvereinigungen, Militär- und Turnvereinen sowie an bestimmte Klassen und Schichten gebundene Zusammenschlüsse fanden sich auch mehr und mehr jene Menschen zusammen, die aus der Enge der Stadt und ihren Widersprüchen die Flucht in die Natur antraten. Sie suchten, zumeist aus Turnvereinen kommend, Licht, Luft und Sonne, ein unbefangenes Verhältnis zur Natur sowie eine von der Schule und den Erwachsenen unabhängige Entwicklung der Persönlichkeit. Volkslieder, volkstümliche Musik und die entsprechende Kleidung wurden Mode und Alkohol und Tabak waren verpönt. So entstand durch die Wandervogelbewegung und die Jugendbewegung überhaupt eine Wanderbewegung ungeahnten Ausmaßes. Das „Zurück-zur-Natur“ wurde zur befreienden Losung. Bereits vor dem I. Weltkrieg erkundet man so auch die Umgebung der Messestadt und erschloss sich „Naherholungsgebiete“, wenn es diesen Begriff auch damals noch nicht gab. Ob sich zu dieser Zeit bereits Wanderer nach Lübschütz „verirrten“, das konnte bisher nicht ermittelt werden.
Nach dem verheerenden Krieg kam es dann zu einer starken politischen Polarisierung auch in der scheinbar unpolitischen Wanderbewegung. Sie spaltete sich und gliederte sich den politischen Parteien und Bewegungen an. Das dürfte für die Entwicklung an den Lübschützer Teiche von Bedeutung gewesen sein, denn diese wurden bald in besonderem Maße von der Arbeiterjugend „erobert“.
Anfang der 30er Jahre berichtete eine Leipziger Zeitung von der Entdeckung der Lübschützer Teiche die schöne Geschichte, dass Mitte der 20er Jahre drei junge Männer mit Rad und Rucksack die Gegend durchstreift hätten und dabei den „birkenbewachsenen Abhang nahe des ersten der Lübschützer Teiche für wunderbar geeignet und abgelegen zur Übernachtung im Zelt“ gefunden hätten. Es wäre dann nicht bei der einen Übernachtung geblieben, denn die Reize der Umgebung hätten auch am darauf folgenden Tag die Drei gefangen genommen, so dass sie am Wochenende wieder gekommen seien und das dann den ganzen Sommer hindurch. Im Jahr darauf seien es schon fünf gewesen, die sich regelmäßig hier einfanden und so sei langsam die Zahl der Teichanwohner gewachsen.
Was hier so idyllisch klingt, das wurde in der „Leipziger Volkszeitung“ am 27.7.1932 realistischer geschildert: „Es war in den ersten Nachkriegsjahren, als die Lübschützer Teiche als ideales Badegelände entdeckt wurden. Naturfreunde, wandernde Arbeiterjugend kam in jenen Tagen, als in Deutschland das „Wochenende“ modern wurde, Sonnabends und Sonntags an die Teiche. Zuerst waren es nur wenige, kleine Trupps und Einzelgänger; an den Teichen war in den ersten Jahren herrlich viel Platz. Weit und breit war keine Wohnung, kein Gasthaus, kein Geschäftsbetrieb; wer einen oder zwei Tage an den Teichen verbringen wollte, der mußte Proviant und Schlafgelegenheit mitbringen. Dafür hatte er aber gute Luft, Gelände für Freikörperkultur, viel Sonne (wenn sie schien), Ruhe, Erholung, keinen Schutzmann oder sonst jemand, der Einspruch erhob oder sich wichtig machte. . . . In den Jahren nach Beendigung der Inflation entstand an den Teichen ein regelrechter Freibadebetrieb. Der Besitzer des Geländes, der Püchauer Graf, hatte nichts dagegen, dass das bis dahin kaum verwertbare Gelände an den Teichen belebt wurde.“
Wann genau der Badebetrieb an den Teichen begann, das ist heute nicht mehr mit Sicherheit festzustellen. Aus Dokumenten im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig ist aber zu entnehmen, dass bereits 1923 der Gasthofsbesitzer Hofmann aus Lübschütz und der Bäcker Albrecht aus Machern an den Teichen Verkaufsstände betrieben haben. Und im Mai 1924 suchte der Schneidermeister Franz aus Brandis um die Genehmigung nach, eine Schankkonzession für die Teiche zu erhalten. Das begründete er damit, dass „der Verkehr der Wanderer so groß (ist), dass ein unbedingtes Bedürfnis zur Verabreichung von Lebensmitteln und Getränken vorhanden ist und gleichzeitig Ordnung in das Revier kommt.“ Einen Monat später stellt er fest, dass an den Wochenenden durch „das gewaltige Auftreten verschiedener Volkskreise“ täglich 800 bis 1700 Flaschen Bier verkauft würden und darum die Schankkonzession auf alkoholische Getränke erweitert werden müsse. In diesem Jahr wurde der Sahlweidenteich trocken gelegt und der Badebetrieb fand am Galgenteich statt.
Dem folgte im Jahr 1925 der große Einbruch. Da es ein extrem schlechtes Wetter gab, war an fünf hintereinander folgenden Sonntagen kein Mensch an den Teichen erschienen.
Doch der Schankwirt Franz aus Brandis baute seine Wirtschaft in der Hoffnung auf bessere Sommer aus. Als er sie im Februar 1926 an den Kassenboten Schladitz aus Beucha übergab, da umfaßte das „Familienbad mit Barackenbau“ bereits ein großes Schankzelt mit Unterkunftsraum und feststehenden Bänken und Tischen, eine Abortanlage, Badekabinen, einen Rettungskahn, Rettungsring und Absperrungen für Nichtschwimmer.
In der Nacht vom 8. zum 9. Juli 1926 wurden die Teiche jedoch von einer Naturkatastrophe heimgesucht. Gegen 23.00 Uhr ging westlich von Machern und Lübschütz ein unvorstellbarer Wolkenbruch nieder, der die Dämme an den Teichen brechen ließ.
Doch der Badebetrieb an den Lübschützer Teichen ließ sich nicht mehr aufhalten. Für den Sommer 1928 wird gemeldet, dass sich wochentags etwa 20 und sonntags etwa 500 Personen an den Teichen aufhalten, dass aber streng darauf geachtet würde, dass nicht „wild“ übernachtet werde. Das aber scheint eine Fehleinschätzung gewesen zu sein, denn längst hatten sich ständige Besucher der Badeanstalt etwas abseits Übernachtungsbuden errichtet, aus Ästen, Zeltbahnen und Erdaushüben.
Es waren in erster Linie sozialdemokratische und kommunistische Wandergruppen, die den Weg an die Teiche fanden. Gertrud Frank, die Witwe des antifaschistischen Malers Alfred Frank, nach dem lange Zeit die Siedlung benannt war, erinnerte sich an diese Zeit: „Es wurde nicht nur gesungen und gelacht, es wurden auch ernsthafte politische Probleme diskutiert.“
Die Zeltstadt entsteht
Der Weg von Leipzig nach Lübschütz zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Motorrad oder auch dem „Kraftwagen“ war besonders für Familien mit kleinen Kindern schon recht beschwerlich. Und auch am Wochenende zwei Mal Hin- und Rückfahrt auf sich zu nehmen war nicht gerade erstrebenswert. Es nimmt darum nicht Wunder, dass sich ab der zweiten Hälfte der 20er Jahre immer öfter Familien und Jugendgruppen entschlossen, entgegen aller Verbote des Verwalters der Teiche und des von ihm beauftragten Schankwirtes auch die Nächte am Teich zu verbringen. Neben den schon erwähnten Buden nutzte man dazu zumeist aus Nessel selbst gefertigte primitive Zelte. Schon bald stellte sich die Frage „Warum nur eine Nacht im Zelt verbringen?“ Die Weltwirtschaftskrise hatte auch in Leipzig viele gezwungen, dauernd „Ferien“ zu machen. Und das Leben in der Großstadt war schon damals recht teuer. Im Zelt in Lübschütz konnte man seine paar Kröten Erwerbslosengeld besser „hinziehen“. Auch wenn man zwei Mal in der Woche in die Stadt mußte, einmal zum Stempeln, einmal zum Geldholen. 5,10 Mark in der Woche bezog der Ledige, 12 Mark ein junges Ehepaar, er und sie arbeitslos. Wenn die Miete der Leipziger Wohnung abgezogen war, dann verblieben je Tag und Person 35 Pfennige für das Leben in Lübschütz. Schmalhans war also Küchenmeister. Und doch ließ es sich hier in der Gemeinschaft Gleichgesinnter, mit der Natur und den Bauern der Umgebung als Verbündeten besser leben als in der Stadt. Man wurde also bei gutem und bei schlechtem Wetter zum Dauercamper und so entstand im Jahr 1929 eine Erwerbslosen- Zeltstadt. Im darauf folgenden Jahr war sie schon recht stattlich und der Schankwirt wurde vom Besitzer zum Verwalter und Ordnungshüter bestimmt. Im Mai 1932 zählte man schon etwa 150 Zelte und im Juli berichteten die „Leipziger Neuesten Nachrichten“, dass 500 Zelte im hügligen Gelände zwischen Teichen und Birken- und Kiefernwald leuchten. Nun war es kein wildes Kampieren am und im Walde mehr. Es zog Ordnung ein, eine freiwillige Ordnung, ohne die eine solche Menschenmasse nicht zusammen leben konnte. Die Zeltstadt erhielt Straßen mit eingängigen Namen: Die längste Straße am Waldessaum hieß „Lange Reihe“, an der „Dorfstraße“ wohnte der „Bürgermeister“. Es gab einen „Dammweg“, eine „Kiefernreihe“, einen „Wiesengrund“, eine „Märchenwiese“ und eine „Verlängerte Finanzamtsstraße“. Jeden Morgen wurden die Straßen gefegt und es herrschte nicht nur eine vorbildliche Sauberkeit sondern auch eine verblüffende Vielfalt in der Pflege und Gestaltung der Vorgärten. Und die Zelte! Die Primitivität wich von Jahr zu Jahr. Da man meist den ganzen Sommer über Quartier bezog, richtete man es sich wohnlich, gemütlich, zum Teil auch ausgefallen oder kitschig ein. Die Zelte wurden mit Linoleum, Holz, Gummituch oder alten Läufern ausgelegt, statt eines Strohsacks wurden „richtige“ Betten gezimmert. Dem Erfindergeist waren weder baupolizeiliche, noch sonstige Schranken gesetzt. So entstanden regelrechte Zeltvillen, denen man sogar Namen gab. Ein ganz niedriges, von einem Stoffhund bewachtes Zelt trug den Namen „Hundehütte“, ein hohes, spitzgiebliges hieß „Hochhaus“. Und wohl poetisch Veranlagte hatten ihre Behausung „Liebe im Dreivierteltakt“ benannt. Es gab eine „Villa Niedlich“, eine „Villa Matschooge“, die „Villa Mückenstich“, die „Villa zur wilden Sau“ und ein „Negerdorf“. Viele Namen zeugten vom Humor ihrer Bewohner, viele aber auch von ihrem Galgenhumor. Doch das Leben bestand hier nicht in erster Linie aus dem Baden und der Zeltunterkunft. Auch hier gab es wie in der Stadt einen ständigen Kampf ums Überleben. Um zu etwas Eßbaren zu kommen versuchte man bei den Bauern der Umgebung für einige Stunden eine Arbeit zu bekommen, man sammelte Pilze und Kräuter, kochte auf einfachsten Feuerstellen sein Essen und man half einander. Die „Leipziger Volkszeitung“ nannte die Zeltstadt Lübschütz nach dem berühmten Film „Kuhle Wampe bei Leipzig“.
Am 14. August 1932 wurde die Situation hier wie folgt beschrieben: „In der gesamten Republik herrscht bestes Einvernehmen, das sich erst vor kurzem in einem Sommerfest bewähren konnte, gegenseitiges Vertrauen und eine Kameradschaftlichkeit, die vorbildlich ist. Nicht zuletzt deshalb, weil man da draußen alle Politik verbannt hat. Da gibt es keine politischen Debatten, keine Parteifahnen und –abzeichen, hier gilt nicht die Uniform, sondern der Mensch. Und statt der Politik hat man lieber dem Humor Einlaß gewährt.“ So aber konnte wohl nur ein Außenstehender, ein einmaliger Besucher, ein Journalist mit vorgefaßter Meinung das Leben an den Lübschützer Teichen sehen. Da man auch in Leipzig zuerst die unbequemen politisch aktiven Arbeiter auf die Straße warf, bildeten die „Linken“ in der Zeltstadt die absolute Mehrheit: Kommunisten, Sozialdemokraten, linke Intellektuelle. Und wo die sind, da wird natürlich auch politisiert. Dazu brauchte man keine Parteifahnen, aber eine gute Bücherei. Und die gab es tatsächlich. Hier fand man schöngeistige Literatur ebenso wie die „Weltbühne“, alte Jahrgänge der „Leipziger Volkszeitung“, der „Sächsischen Arbeiterzeitung“, der „Roten Fahne“ und viele andere linke Literatur. Leiter der Bibliothek war der arbeitslose Buchhändler Rudolf Lehmann, der diese Literatur auch nach 1933 noch lange Zeit dem Zugriff der Nazis entziehen konnte. Alfred Frank besuchte mit seinen Studenten und Malschülern oft und gern die Teiche und es entstanden eindrucksvolle Landschaftsstudien. In Erinnerungsberichten wurde darauf verwiesen, dass auch Walter Ulbricht mit Jugendgruppen wiederholt die Teiche besucht habe. Hier am Ufer der Seen wurde heftigst gestritten, diskutiert, wurden Meinungen ausgetauscht. Das war natürlich von den bald herrschenden Nazis nicht gern gesehen, weshalb sie und die Konservativen der Stadt den Lübschützer Teichen den Stempel „Kommunistenbad“ aufzudrücken versuchten. Das aber wurde durchaus nicht von allen Besuchern als Makel empfunden. Die Besitzer des Geländes waren bemüht, die Ordnung an den Teichen und in der Zeltstadt aufrecht zu erhalten. Außerdem wollten sie natürlich auch einen finanziellen Nutzen aus der Zelterei schlagen. Letzteres gelang vor allem über die Pacht, die der Badebetriebspächter zu zahlen hatte. Vom 1. August 1932 ab mußte außerdem jeder, der länger als drei Tage zu zelten beabsichtigte, eine Gebühr bezahlen. Dafür erhielt er einen zeitlich befristeten Erlaubnisschein ausgehändigt. Gleichzeitig wurde er registriert und konnte jederzeit kontrolliert werden. Oberförster Dr. Zieger konnte daraufhin feststellen, dass in der Zeltstadt und an den Teichen eine gute Ordnung herrscht, dass es keinerlei Felddiebstähle mehr gab und dass eine Verbesserung des moralischen Niveaus erreicht worden sei. Im Jahr 1933 aber holten die Nazis zum Schlag gegen jene aus, die hier tatsächlich einen Platz gefunden hatten, an dem sie den Widerstand gegen den Naziterror organisieren konnten, ohne dass sie Verrat wittern mußten. Im Mai, so beschlossen die Leipziger Faschisten, sollte das „Kommunistenbad“ liquidiert werden. Ein Vorauskommando von zehn Kriminalbeamten wurde zum Schnüffeln geschickt. Die wachsamen Arbeiter in den 580 Zelten aber waren vorbereitet. In einer der darauf folgenden Nächte konnten sie, nur mit Knüppeln bewaffnet, 60 SA-Männer in die Flucht schlagen. Darauf schickten die Nazis eine Handvoll Hitlerjugen zum Provozieren. Sie wurden ruhig aber bestimmt zurückgewiesen. Der Amtshauptmann von Grimma und der NSDAP-Kreisleiter vereinbarten daraufhin, dass das Leben an den Lübschützer Teichen durch Mitglieder der NSDAP überwacht werden sollte, aber in der Form, dass diese Überwachung in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden konnte. Aber die Nazioberen von Leipzig und die ihnen hörigen Polizeiorgane wollten ein schnelles, gewaltsames Ende herbeiführen.
Aus einem anonymen Schreiben vom 7.9.1932 an die Staatsregierung in Dresden:
Wir dchten, die rote Nacktkultur hat mit dem Ende der Soziregierung auch dort Halt getan, aber das
scheint nicht der Fall zu sein. Man weiß nicht, ist das ein Indianer- oder Zigeunerlager. Es sind hunderte
von Zelten zum Nachtlager gebaut. Verbrecher finden dort gutes Unterkommen. Es sollen sich dort sogar
kommunistische Waffenlager befinden.
Mehrere deutsche Staatsbürger.
Auszug aus der Stellungnahme der Gendarmerie Machern vom 5.10.1932:
Die Zeltstadt war mit ihren Straßen und Gassen und den vielen angelegten kleinen Gärtchen für viele
Teichbesucher eine Sehenswürdigkeit. ... Politische Abzeichen an Fahnen- oder Zeltstangen sind vom
Kantinenpächter nie geduldet worden. Es sind auch nie derartige Abzeichen aufgetaucht. Ebenso haben
dort nie politische Versammlungen stattgefunden. Nacktkultur oder Nacktbaden kommt gar nicht in Frage.
Jeder wird in ein Lagerbuch eingetragen. In der Zeltstadt wohnen in ihren Zelten arme und reiche Leute
miteinander. Dort, oder in der Nähe ein Waffenlager anzubringen ist fast undenkbar.
An heißen Sonntagen werden die Teiche von 12 bis 15 000 Menschen besucht.
Gendarmerie-Hauptwachtmeister Schulze
Der Überfall vom 23. Juli 1933
Im Sommer 1933 wurde die Aktion gegen die Zeltstadt Lübschützer Teiche stabsmäßig vorbereitet. Polizeioffiziere besuchten die Teiche und an Hand von Generalstabskarten wurde das Gelände erforscht, um die größte Razzia, die es jemals im Leipziger Raum gegeben hat, vorzubereiten. Am 23. Juli 1933, einem regnerischen Sonntag, wurden gegen 1 Uhr in der Polizeikaserne Möckern an der Hallischen Straße (heute Georg-Schumann-Straße, Gelände der Landesversicherungsanstalt und des Arbeitsamtes) 300 Polizisten unter dem Kommando des Polizeimajors von Hartmann, 300 SS-Männer der Standarte 48 unter Standartenführer Friedrich und 75 Kriminalbeamte zusammengezogen. Mit 45 Wagen, meist große LKW, aber auch viele private PKW und Kräder, ging es dann nach Lübschütz. Der Reporter der „Leipziger Neuesten Nachrichten“ sprach am nächsten Tag von der „Annäherung an das Operationsgebiet“, und dass „Erinnerungen an den Einsatz von Truppen im Felde“ wach wurden. Genüßlich schilderte er ebenso wie der Journalist der „Neuen Leipziger Zeitung“, wie das Gebiet umstellt wurde, wie 3 Uhr früh der Überfall begann und wie etwa 1200 Zeltplatzbewohner aus den Zelten auf die Märchenwiese getrieben wurden und dort „in Viererreihen, Männlein und Weiblein, jung und alt“ antreten mußten, wobei „man die Kinder noch von dem Appell verschont“ habe. Den beiden NS-freundlichen Blättern kann man entnehmen, dass es eigentlich nur um hygienische und sittlich-moralische Bedenken ging, wobei aber ganz nebenbei auch der Hauptgrund der Razzia erwähnt wurde: „Es zeigte sich, dass mindestens 80% der Zeltbewohner der KPD, der SPD, dem Roten Frontkämpferbund, dem Reichsbanner oder einer anderen marxistischen Organisation angehört haben, und dass sie keineswegs gleichgeschaltet sind“. Wenn man die Berichte in den Zeitungen liest, dann muß man den Eindruck gewinnen, dass alles ganz freundlich und ohne Zwischenfälle abgelaufen ist: Die Zelte wurden durch die Kriminalbeamten kontrolliert, die Papiere wurden überprüft und wenn sie in Ordnung waren, dann konnten die Leute wieder zu ihren Lagern zurückkehren. Nach kurzer Beratung sei man aber zum Entschluß gekommen, dass das gesamte Lager, mit Ausnahme der von Verheirateten bewohnten Zelte, abzubrechen sei. „Die Zeltbewohner kamen diesem Befehl ohne weiteres nach und bald konnte man auf den Straßen nach Leipzig eine wahre Völkerwanderung auf schwerbepackten Fahrrädern sehen. Unverheirateten, die größere Einrichtungsgegenstände herbeigeschafft hatten, wurde gestattet, Handwagen aus Leipzig zu holen“. Als 50 Jahre später die Bewohner der Alfred-Frank-Siedung Paul Hessel, Irmgard Andreß, Otto Vollrath und Hans Maier von ihren damaligen Erinnerungen berichteten, da sah die „Razzia“ jedoch entschieden anders aus. Ihre Berichte stimmten mit dem überein, was man heute im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig wieder findet. Hier wird der Beschwerdebrief des Vorstandes der Gräflich von Hohenthal-Püchau´schen Güterverwaltung an die Amtshauptmannschaft Grimma und der Brief der Amtshauptmannschaft Grimma an die Kreishauptmannschaft Leipzig verwahrt. Aus beiden ergibt sich folgendes Bild: Viele Zeltbewohner und auch der Badebetriebspächter sind schwer bzw. blutig geschlagen worden. Ein Schwerkriegsbeschädigter wurde mißhandelt weil er nicht schnell genug lief. Als die schlagenden Polizeibeamten von einem Zeltbewohner aufgefordert wurden, den Mann nicht weiter zu schlagen, erhielt dieser ebenfalls Schläge. Ein Zeltbewohner wendete sich an einen Polizeioffizier mit dem Verweis, dass er alter Kriegsteilnehmer sei und sich nicht von den jungen Leuten schlagen lassen müsse. Darauf erhielt er den Hinweis ruhig zu sein, weil der Offizier sonst für nichts garantieren könne. Ein junger Mann, der lange Haare trug, wurde am Haarschopf gezogen und dann wurde dieser mit einem Messer abgeschnitten. Die wahllosen Schläge erstreckten sich sogar auf Frauen. Einige der Überfallenen wurden in die Teiche geworfen. Die ganze Aktion entwickelte sich zu einer unkontrollierten Gewaltorgie. Die Kriminalpolizei kontrollierte einige Zelte. Nachdem sie feststellten, dass die Papiere der Bewohner in Ordnung waren, befahlen sie ihnen, in den Zelten zu bleiben. Kurze Zeit später wurden sie jedoch von SS-Leuten herausgeprügelt. Der Befehl lautete, bis 9 Uhr den Zeltplatz zu räumen. Diese Frist wurde jedoch nicht abgewartet und schon ab 7.30 Uhr begannen Polizei, SS und auch selbständig hinzu gekommene SA-Leute, die Räumung in schonungslosester Weise durchzuführen. Zelte wurden zerschnitten, aufgerissen und zertreten. Besonders erbost war der verantwortliche Oberförster darüber, dass auf Befehl der Polizei Stroh, Matratzen, Bettunterlagen und andere Einrichtungsgegenstände auf große Haufen zusammengeworfen wurden. Diese wurden in Anwesenheit der Polizei mit Benzin übergossen und angebrannt. Bei dem herrschenden Westwind griff der Brand schnell auf die Hütungsfläche über. Es kam zu einem regelrechten Waldbrand, der vom Badebetriebspächter und seinen Leuten gelöscht werden mußte, ohne dass die anwesende Polizei davon auch nur Kenntnis genommen hätte. All das geht aus dem am Folgetag verfaßten Beschwerdebrief hervor. Er dürfte bei weitem nicht das ganze Ausmaß des Exzesses widerspiegeln. Eine Untersuchung der Vorfälle aber fand wohl nie statt. Bei dieser Aktion wurden auch viele Verhaftungen vorgenommen, die jedoch in den polizeilichen Nachweisen nicht ausgewiesen sind. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden die Verhafteten in eines der „Schutzhaftlager“ , den Vorgängern der KZs, verbracht. Nachweise dafür konnten jedoch nicht ermittelt werden. Mit dieser Aktion wurde das Zeltlager restlos aufgelöst, was nicht nur ein Schlag gegen die Nazigegner war, sondern auch dem Besitzer des Geländes und dem Badebetriebspächter einen immensen materiellen Schaden brachte. Nicht nur, dass die Einnahmen für das Jahr 1933 ausblieben, die vertriebenen Zeltler forderten nun auch die bereits für das ganze Jahr entrichtete Zeltplatzgebühr zurück. Außerdem mußte sich die Gutsverwaltung überlegen, wie sie den landwirtschaftlich nicht mehr nutzbaren Boden weiter verwerten konnte.
Die Gründung der Laubenkolonie am Sorgenberg
Die Überlegungen zur besseren und ständigen Nutzung des kargen Bodens am Sorgenberg scheinen aber wohl schon früher zu einem Ergebnis geführt zu haben, denn bereits am 1. Juli 1933 wurden die ersten Pachtverträge für einen „Laubenplatz mit Garten“ abgeschlossen. In der Vergangenheit gab es immer wieder Überlegungen, warum der Besitzer des Geländes, der Vorstand der Hauptverwaltung der Gräflich von Hohenthal-Püchau‘ schen Güter, Parzellen von jeweils 200 qm zum Bau von Laubengrundstücken an Siedler übergab. Eine erste Theorie bestand darin, dass er das aus Dank für die Hilfe der Zeltler bei der Naturkatastrophe im Jahr 1926 getan habe. Das dürfte aber wohl sehr weit her geholt sein, denn seinen Dank erst sieben Jahre später abzustatten, ist unwahrscheinlich. Es gab auch die Meinung, dass er das nach dem Überfall vom 23. Juli 1933 aus Opposition gegen die Nazis getan habe. Aber auch das dürfte nicht stimmen, denn die ersten Parzellen wurden ja schon etwa drei Wochen vor dem Überfall übergeben. Der wahre Grund scheint die Überlegung gewesen zu sein, dass man den etwas entfernt von den Teichen liegenden Boden als Pachtgrundstücke nutzen könnte und damit ein wirtschaftlicher Nutzen entstehen würde. Für diese Theorie spricht auch die Tatsache, dass die ersten etwa 60 Laubenplätze im Flurstück 153 des Flurbuchs zu Lübschütz, d.h. im oberen Teil der heutigen Siedlung, zur Nutzung übergeben wurden. Diese ersten Laubengrundstücke entstanden von der Nordseite des Lübschützer Weges bis zur Südseite des Igelweges, zwischen dem Salamanderweg und dem Grillenweg und umfaßte nach der Erweiterung das Gelände zwischen dem Bienenweg und dem Igelweg bis hin zum Fuchsweg. Die damaligen Vereinbarungen (Übergabeprotokolle) sind nur noch bei wenigen heutigen Besitzern vorhanden und betreffen die damaligen Pachtgrundstücksnummern 8 und 12. Diese Grundstücksnummern sind jedoch nicht mehr mit den heutigen identisch. Eigenartigerweise wurden auch beim Abschluß von Pachtverträgen im Jahr 1938 zum Teil die Pacht bis zum Jahr 1933 rückdatiert. Dieser erste Abschnitt der sich nun herausbildenden Siedlung nannte sich „Laubenkolonie am Sorgenberg“. Und die Pachtverträge wurden abgeschlossen über einen „Laubenplatz mit Garten“.
Das Pachtgeld betrug 6 Reichsmark pro Jahr. Es war also nicht vorgesehen, hier eine Gartenkolonie nach dem Vorbild der Schrebergärten anzulegen. Im Gegenteil. Die landwirtschaftliche oder besser gärtnerische Nutzung war ausdrücklich untersagt. Es war nur gestattet, ja erwünscht, Anpflanzungen vorzunehmen, die der Verschönerung des Laubenplatzes dienten. Verpachtet wurden 200 qm große karg bewachsene Flächen zur Erholung. Auf ihnen sollten die Pächter Lauben bauen, deren Bau jedoch vom Hochbauamt bzw. der Gemeinde Lübschütz genehmigt werden mußten.
Für diese Lauben gab es als Vorgaben: Die bebaute Grundfläche der Wohnlaube durfte nicht mehr als 10 qm betragen. Sie waren mit Front nach Norden (Richtung Teiche) so zu erbauen, dass sie von der südlichen Parzellengrenze 3 Meter Abstand hielten und seitlich eine einheitliche Fluchtlinie bildeten. Sie mußte sich im Bautyp bereits vorhandenen Wohnlauben anpassen. Als Baustoff war vorwiegend Holz zu verwenden. Steinerne Fundamente waren auf das Mindestmaß zu beschränken. Die Laube durfte übrigens nicht als ständiger Wohnsitz benutzt werden. Die Tierhaltung war auf dem Pachtland natürlich verboten. Die Pächter hatten folgende Aufgaben zu erfüllen: Sie hatten die angrenzenden Wirtschaftswege instand zu halten, die Grenzsteine zu pflegen und die Wiesen im Grundstück zu düngen. Weiterhin hatten sie auf eigene Kosten die Mäusevertilgung durchzuführen und bei Notwendigkeit den Maulwurfsfänger zu entlohnen. Die Verpächter wollten also im Grunde genommen die Zeltplatzsituation im oberen Teil des Sorgenberges mit festen Bebauungen und ständigen Nutzern kultivieren. Die Städter sollten nicht im Frühsommer ihre Zelte errichten, die sie im Herbst wieder abbauten, sie sollten nicht die angelegten Gärten im Herbst der Natur preisgeben und im Frühjahr dann wieder an anderer Stelle neu beginnen. Sie sollten auch nicht ihre Einrichtungsgegenstände über den Winter in die Stadt zurück bringen müssen. So sollten sie an die Lübschützer Teiche gebunden werden. Zugleich konnte man Einfluß darauf nehmen, wer sich hier niederlassen durfte. Die Auswahl der Parzellen bei der Verpachtung erfolgte in Form der Zuweisung durch den Badepächter, der auch, ebenso wie beim Zeltplatz, die Verwaltung der Siedlung ausübte. Aus den vorhandenen Dokumenten ist nicht mehr zu entnehmen, wie viele solche Parzellen exakt im Jahr 1933 vergeben wurden. Es dürften aber maximal 60 gewesen sein, denn es scheinen auch Parzellen nicht vergeben worden zu sein und einige Pächter erhielten auch zwei, also 400 qm, zugesprochen. Mit der Verpachtung dieser ersten Laubengrundstücke entstand bei weitem noch kein Verein. Es war tatsächlich eine Anhäufung von Parzellen, die nur individuelle Bindungen der Pächter an den Grundherren und seinen Verwalter hatten. Über das Leben in diesem ersten kleinen Teil der Siedlung sind uns keine Erinnerungsberichte überliefert. Auch in den Akten des Rittergutes Püchau und der Amtshauptmannschaft Wurzen finden sich keine Hinweise.
Die Erweiterung der Siedlung
In den Jahren 1937 und 1938 wurde die Laubenkolonie wesentlich erweitert. Auf den Flurstücken 153 und 248 kamen die Laubenplätze 65 bis 144 hinzu. Auch hier trifft zu, dass einige Grundstücke (zu diesem Zeitpunkt 23) nicht vergeben wurden und andere Pächter zwei zusammenhängende Gärten pachteten. Die Pachtverträge liegen im Leipziger Staatsarchiv vor und es zeigt sich, dass die große Mehrzahl der Pächter aus dem Leipziger Osten kam, aber auch andere Leipziger und auch Engelsdorfer gehörten zu den Pächtern. Bis 1940 wurden nach und nach auch die noch freien Grundstücke des Siedlungsgebietes von 1933 verpachtet. Eine nochmalige Erweiterung der Kolonie erfolgte dann in der ersten Hälfte der 40er Jahre. Nunmehr wurden Parzellen auf dem ehemaligen Fußballplatz nördlich des Igelweges und entlang des Alfred-Frank-Weges bis zur heutigen Bebauungsgrenze vergeben. Bedacht wurden hier vor allem jene Dauercamper, die ihre ständigen Zelte auf dem Dammweg aus forstwirtschaftlichen Gründen nicht mehr errichten durften. Die Parzellen am Alfred-Frank-Weg konnten sich dann etwa 1945/46 noch etwas vergrößern, denn der Verpächter wollte den Randstreifen zur Straße nicht bewirtschaften und schlug ihn den Parzellen zu. Diese Parzellen wurden erst 1969 an die Elektroversorgung angeschlossen.
Der Karl-May-Pfad
Noch bevor die Wege in der Laubenkolonie Namen erhielten, „verliehen“ die Siedler dem heutigen Igelweg die Bezeichnung
Karl-May-Pfad. Der Grund war, dass hiereine Gruppe von Hobbyindianern baute und mit Wigwam, Lagerfeuer und Indianerausrüstungen ihr schönes Hobby betrieb.
Nun begann auch hier ein reges Treiben. Die Lauben wurden errichtet, Bäume wurden gepflanzt, Blumenbeete und Rabatten wurden angelegt. Siedlungsbewohner, deren Eltern schon damals einen der Gärten erpachteten, können sich noch erinnern, dass die Siedler versuchten, den Boden zu verbessern. Dazu mußten als erstes die Steine abgelesen und weggebracht werden. Da die Bodenqualität nicht allein mit Umgraben und Rasenanlegen verbessert werden konnte, hatten sie als Kinder die Aufgabe, mit Säcken und Handwagen fruchtbarere Erde heranzuholen. Natürlich sollte das möglichst von weiter abgelegenen Feldern erfolgen, denn wenn man das auf den Feldern des Verpächters tat und erwischt wurde, dann konnte das unangenehme Folgen haben. Aus dem Jahr 1938 liegen auch die ersten nachweislichen Baugenehmigungen für Lauben vor. Diese umfaßten einen Wohnraum, eine Küche, die Toilette und in der Laube auch einen kleinen Geräteraum mit Zugang von der Hinterseite der Laube. Natürlich besaßen die Lauben im Jahr 1938 weder einen Wasser- noch einen elektrischen Anschluß. Die Holzlauben waren zumeist durch das Rindenholz charakterisiert. Dieses Abfallholz konnte durch Vermittlung des Oberförsters billig in der Sägemühle Lübschütz erworben werden.
Der Zeltplatz lebt wieder auf
Nach dem Schock vom 23. Juli 1933 erstarb für dieses Jahr der Zeltbetrieb fast vollständig. Das traf aber nicht auf den Badebetrieb zu. Wenn auch anfänglich zögerlich, ließen sich ab 1934 wieder Zeltler auf dem Platz an den Teichen nieder. Aber es wurde ruhig um den Zeltplatz. Keine Zeitung berichtete mehr über ihn. Doch in den Kreisen jener „Roten“ von vor 1933 sprach es sich schnell herum, dass man sich hier wieder zusammen fand. Der Zeltplatz an den Lübschützer Teichen wurde wieder zu einer Sommerfrische. Aber nicht nur das. Nach dem Krieg erinnerte sich Karl Liebmann an das Jahr 1934: „Wir fuhren zur Kartoffelernte zum Stoppeln an die Lübschützer Teiche. Hier hatten sich verschiedene arbeitslose Kollegen ein Zelt oder eine Laube gebaut.“ Kartoffelnstoppeln – in den Jahren 1945 bis 1948 wieder eine lebenserhaltende Maßnahme. Man ging mit allen möglichen Gartengeräten auf die abgeernteten Kartoffelfelder und grub nach nicht abgelesenen Kartoffeln. Wenn die Bauern und Landarbeiter großzügig oder auch nicht zu ordentlich gearbeitet hatten, dann konnte man sich für ein oder zwei Tage das Mittagessen suchen. Darüber hinaus wurden die Lübschützer Teiche auch ein Treffpunkt von Antifaschisten unterschiedlichster Richtungen, die nun aber sehr bemüht waren, ihr unpolitisches Image zur Schau zu stellen. Im Untergrund aber wurde politisch gearbeitet. Man fand sich am 1. Mai regelmäßig zusammen und beging den „Tag der Arbeit“ auf seine Weise. Es wurde diskutiert und „in Familie“ die Meinung ausgetauscht. Der Leipziger Nazigegner Otto Groschupp erinnerte sich: „Ich hatte ein Zelt an den Lübschützer Teichen. Dort traf ich mich mit Genossen, um den Moskauer Rundfunk abzuhören, mit einem von mir gekauften Batterie-Gerät Marke Braun. Im Anschluß fanden dann die berühmten Diskussionen statt.“ Hier wurde aber nicht nur Radio Moskau, sondern wegen des Empfangs besonders Radio London und Radio Beromünster abgehört. Der „Maler mit dem roten Stern“ Alfred Frank kam nun nicht mehr mit den Schülern der MASCH hier her, denn diese war verboten worden, sondern mit seinen Malschülern von der Volkshochschule. Seine Frau Gertrud Frank, die später auch eines der Gartengrundstücke in der Siedlung besaß, erinnerte sich, dass Alfred Frank bis zu seiner Verhaftung sowohl hier zeichnete, als sich auch hier mit anderen Widerstandskämpfern traf, um Aktionen vorzubereiten und über die Zeit nach Hitler zu diskutieren. Auch andere Antifaschisten aus der Widerstandsorganisation um Georg Schumann trafen sich hier im Zelt oder auch in einer der Lauben. Bekannt ist das z.B. von Kurt Kresse, der zusammen mit Georg Schumann und Alfred Frank am 11.1.1945 in Dresden hingerichtet wurde.
Die Siedlung im Jahr 1945
Nach den großen Bombardements auf Leipzig und der Verschlechterung der allgemeinen Lebenslage in der Großstadt wurden die Lübschützer Teiche zu einer Fluchtburg für die Siedler. Hier suchte man Schutz vor dem Bombenterror und manch einem bot die kleine Laube auch nach dem Verlust von Hab und Gut eine erste Bleibe. Hier konnte man damit rechnen, dass man vom Bombenhagel verschont bleiben würde. Zuerst ohne Erlaubnis, später mit der der Gräflich von Hohenthal-Püchau´schen Revierverwaltung Lübschütz wurden nun die Gärten zur Versorgung mit Gemüse, Beeren und Obst genutzt. Darüber hinaus bot der nahe Wald die leckeren Pilze und Waldfrüchte. Vom Einmarsch der US-Armee im April 1945 wurde in der Laubenkolonie nichts Im Jahre 1945 bemerkt, denn die GIs scheinen sich nicht nach hier verirrt zu haben. Ähnlich verhielt es sich mit der Anfang Juli einrückenden Roten Armee, die die Laubenbewohner zwar in Ruhe ließ, doch durch die Nutzung der Teiche, das Angeln und die unkontrollierte Jagd trotzdem oft in Unruhe versetzten. Unmittelbar nach dem Kriegsende wurden in einige der kleinen Lauben auch Flüchtlinge, Umsiedler, Vertriebene eingewiesen und viele Laubenbesitzer versuchten hier ihr Überleben zu sichern. Die Zwangseinweisung erfolgte während der amerikanischen Besatzungsperiode durch den Bürgermeister von Machern, der dieses Amt schon während der NS-Zeit ausgeübt hatte. Es ist darum nicht verwunderlich, dass im Nachhinein festgestellt werden konnte, dass von dieser zeitweiligen de fakto „Enteignung“ vor allem die sich nun wieder bekennenden Nazigegner betroffen waren, bekannte Nationalsozialisten jedoch verschont wurden. Doch nach dieser Episode normalisierte sich das Leben an den Lübschützer Teichen recht schnell. Die Pächter kehrten in ihre Gärten zurück und nutzten sie nunmehr weniger zur Erholung als vielmehr zum Überleben. Darüber hinaus verdingten sie sich während der Erntezeit als billige Erntehelfer der Bauern der umliegenden Dörfer. Für einen Korb Kartoffeln brachten sie die Ernte der Bauern ein. Und auf den Feldern oberhalb der Kolonie wurden kleine Bodenflächen abgesteckt, auf denen die Kolonisten Kartoffeln und Gemüse anbauen konnten.
Die Siedlung nach dem II. Weltkrieg
Die Anfänge der Siedlung 1945/ 46
Als 1945 viele Nazigegner, die bis zu ihrer Verhaftung oder auch der Einberufung zur Wehrmacht an den Lübschützer Teichen schöne und schwere Stunden verbracht hatten, die hier politische Arbeit leisteten und von einem besseren Deutschland träumten, in die Heimat zurückkehrten, da fanden sie schnell wieder an die Lübschützer Teiche. Zu ihnen gehörten, Herbert Findeisen, Hellmut Friedrich, Werner Fuchs, Erich Große, Arthur Hecht, Paul Hessel, Herbert Kleinschmager, Paul Kunath, Kurt Obendorf, Max Rothe, Werner Schmiedgen, Otto Vollrath, Otto Werner und Arthur Wilke. Otto Vollrath und Arthur Wilke waren unter den Leidtragenden des Überfalls von SA, SS und Polizei im Juli 1933 auf dem Zeltplatz gewesen. Noch im Sommer 1945 beschlossen die politisch aktiven Siedler, sich künftig zu einer antifaschistischen Siedlung zusammenzuschließen. Die Siedlung nannten sie zunächst „Antifaschistische Gedächtnissiedlung 12. Januar 1945 Lübschützer Teiche“. Die Nacht vom 11. zum 12. Januar ist der Zeitpunkt, an dem die Mitglieder der Widerstandsgruppe um Georg Schumann, Otto Engert und Kurt Kresse, und mit ihnen auch der Maler Alfred Frank, in Dresden hingerichtet wurden. Später änderten sie den Namen der Siedlung in „Alfred Frank-Siedlung“ um. Offiziell wurde die Siedlung am 4. April 1946 gegründet, nachdem durch die Bodenreform die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen worden waren. Die für Kapitel 2 Die Siedlung nach dem II. Weltkrieg die Siedlung historische Versammlung fand im Gasthof Hofmann in Lübschütz statt. Nachdem sich der Vorstand konstituiert hatte, erfolgte im Beisein des Landrats des Kreises Grimma und des Verantwortlichen der Kreis-Bodenkommission die Übergabe der Bodenfläche, die der Siedlung zugesprochen worden war. Durch Ortsbesichtigung und Grenzziehung war vorher bereits die genaue Größe festgelegt worden. Ursprünglich waren es 37 Hektar. Die Urkunde darüber wurde am 25. April 1946 ausgestellt. Der Eintrag ins Grundbuch von Lübschütz erfolgte im Band IV, Blatt 130. Dass die Siedlung im Zuge der Bodenreform das Land übereignet bekam, unterscheidet sie von den Gartenvereinen im üblichen Sinne, die in dieser Zeit im allgemeinen enteignet wurden. Als erstes Dokument der Siedlung ist ein Protokoll über die Vorstandssitzung vom 7. September 1946 erhalten geblieben. Auf dieser Sitzung wurde die Generalversammlung der Siedlung am folgenden Tag, dem 8. 9. 1946, beraten. Sie begann um 14 Uhr auf dem Sorgenberg und endete 16.30 Uhr. Paul Hempel, der wiedergewählte Vorsitzende, gab einen Überblick über die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit. Mit der Benennung der Siedlung, so heißt es im Protokoll, wurde betont, „daß wir eine politische Siedlung sind“. Alle Nazis seien „ausgeschaltet“ worden, was wohl heißt, dass sie ihr Pachtland aufgeben mussten, allerdings gegen Entschädigung des Laubenwertes. Das betraf 14 Pächter, von denen zehn gegen die Kündigung protestierten und einen Rechtsanwalt beizogen. In einem Fall wurde sogar die CDU mobilisiert. Alle Fälle wurden jedoch zugunsten der Siedlung und gegen die ehemaligen Pächter entschieden. Nach der Generalversammlung sollte die Verteilung des Landes stattfinden. Es wurden bisher 117 Parzellen vermessen und 180 ausgeschrieben, heißt es im Bericht. „Die Parzellen werden daher verlost und die Bewerber, die jetzt keine Parzelle erhalten können, werden bei der nächsten Verteilung berücksichtigt.“ Es seien ca. 500 Bewerber vorhanden gewesen, „alles Aktivisten und fast alle Mitglieder der SED“. Bei der Auswahl der Neusiedler wurde nach dem Gesichtspunkt verfahren, dass diejenigen in den Besitz einer Parzelle kommen sollten, die der Siedlung weiterhin ihren (politischen) Charakter garantieren würden. Die Generalversammlung beschloss, dass an Mitglieder, die sich dauerhaft in der Siedlung aufhalten, 10 Bäume ausgegeben werden sollten, um ihnen über die gegenwärtige Brennstoffknappheit hinwegzuhelfen. Wer Ferien in der Siedlung verlebte, sollte fünf Bäume gegen eine geringe Entschädigung erhalten. Offenbar wurden in den Gärten Kartoffeln angebaut, denn es wurden 40 Zentner Saatkartoffeln gegen Entschädigung geliefert. Um die laufenden Ausgaben der Siedlung zu decken, sollte in Zukunft ein jährlicher Unkostenbeitrag von 5 Mark je 200 Quadratmeter erhoben werden. Ein schwerwiegendes Problem war die Wiedereröffnung der Kantine am Teich. Es müsse äußerst scharf kalkuliert werden. Künftige Überschüsse sollten zum Ausbau der Kantine und zugunsten der Siedlung verwendet werden. Außerdem wurde der Plan gefasst, im Kiefernwald ein Ferienheim zu errichten. Erwogen wurde auch der Bau mehrerer Brunnen, wozu es aber an Material fehlte. Wenige Tage nach der Generalversammlung wandte sich der neugewählte Vorsitzende Paul Hempel in einem Brief an die Vorstandsmitglieder. Er informierte darin u. a. über eine Mitteilung des Landratsamtes Grimma, aus der hervorging, dass die Landesverwaltung Sachsen der Siedlung das betreffende Land im Zuge der Bodenreform übereignet hatte. Das vom Landrat unterzeichnete Schreiben hatte laut Mitteilung des Vorsitzenden Hempel folgenden Inhalt: „Das Land, auf dem die Lauben stehen, gehört zur Bodenreform. Nach der Verordnung über die Bodenreform ist der gesamte Grund und Boden entschädigungslos enteignet und darunter fallen auch die Lauben. Die Lübschützer Teiche und ca. 12 Hektar Land wurden der Vereinigung Gedächtnissiedlung durch die Landesverwaltung übereignet. Da es sich hier um eine antifaschistische Gedächtnissiedlung handelt, kann dem Besitzer nicht zugemutet werden, ehemalige Pg.s (Parteigenossen, damalige Bezeichnung für Mitglieder der NSDAP) in ihrer Mitte zu dulden. Es ist daher als sehr entgegenkommend zu bezeichnen, daß der Leiter der Organisation, Herr Hempel, die Lauben gegen Entschädigung übernehmen will, da die Lauben auf dem enteigneten Grund und Boden stehen. Es muß daher das Verhalten des Herrn Hempel gebilligt und als großzügig anerkannt werden.“ Eine Satzung, Ordnung oder ähnliches, die Verhaltensweisen in der Siedlung regelndes Dokument ist uns aus jenen Jahren nicht bekannt. Es hat sie entweder nicht gegeben oder es ist keines erhalten geblieben. Die uns bekannte älteste Satzung stammt aus dem Jahr 1959.
Sie stellt (immerhin 14 Jahre nach der Gründung der Siedlung!) im Absatz „Erwerb der Mitgliedschaft“ klar: „Mitglied der Siedlung können Werktätige werden, die vorbehaltlos auf dem Boden der Arbeiter-und-Bauernmacht der Deutschen Demokratischen Republik stehen und zu deren Sicherung und weiterem Aufbau nach besten Kräften beitragen. Die Mitgliedschaft in politischen Parteioder Massenorganisationen ist Voraussetzung. Anerkannte Verfolgte des Naziregimes (VdN) werden bevorzugt aufgenommen.“ Diesen Grundsätzen entsprach auch die Benennung der Wege in der Siedlung. Die meisten Wege trugen Namen von Leipziger Antifaschisten, die vom Hitlerregime ermordet wurden. Dieses Prinzip wurde aber nicht durchgängig verfolgt, es kam auch zu Übertreibungen und Missgriffen. So z. B. „Weg der DSF“, „Ph.-Müller-Weg“, „ Leninweg“ und andere.
Siedlung und Badeteich
Von Anfang an spielte der Badeteich für die Siedlung eine beträchtliche Rolle. Die Möglichkeit zum Baden und Schwimmen war in der wasserarmen Umgebung Leipzigs von hohem Wert für die Siedler. Während der frühere Pächter der Teiche von 1924 an die Doppelnutzung des Sahlweidenteiches sowohl für die Fischzucht als auch zum Baden und Kahnfahren erlaubte, war im Sommer 1948 plötzlich Ebbe im Teich. Der Pächter aus Dehnitz hatte das Wasser bereits im Vorjahr abgelassen, ohne wieder Wasser in ausreichender Menge zufließen zu lassen. Das führte natürlich zu großem Ärger bei den Siedlern, aber auch bei den anderen Leipzigern, die zu Tausenden an den Teichen Erholung suchten. In einem Schreiben vom 13. 8. 1948 wandte sich daher der Vorsitzende der Siedlung an das Forstamt Wurzen. Er monierte, dass der Siedlung im Zuge der Bodenreform das von ihr genutzte Gelände übereignet wurde, ohne dass sie ein formelles Recht auf die Benutzung des Teiches hätte. Der gegenwärtige Zustand beeinträchtige die Erholungsmöglichkeiten.
Dem berechtigten Interesse der Siedlung und der arbeitenden Bevölkerung wäre am besten gedient, wenn die Siedlung Pächter des Teiches würde oder ihr der Teich auf andere Weise zur Badenutzung überlassen würde. Es erging daher die Anfrage zunächst an das Forstamt, später an die Direktion der Staatlichen Teichwirtschaften des Landes Sachsen, ob es möglich sei, der Siedlung den Teich zu verpachten oder ihr die Badenutzung und gegebenenfalls die Pflege des Gewässers in anderer Form einzuräumen. Schließlich musste sich die Siedlung mit dem Pächter selbst in Verbindung setzen, um mit ihm einen Vertrag zu schließen. Aus dem weiteren Briefwechsel ist ersichtlich, dass der Pächter die Regelung der Angelegenheit verzögerte und ein Koppelgeschäft mit politischem Anstrich einfädeln wollte, indem er darauf drängte, den Kantinenwirt, ein ehemaliges NSDAP-Mitglied, in der nun siedlungseigenen Kantine wieder einzusetzen. Die Siedlung lehnte dies ab und berief sich auf ein Gewohnheitsrecht zum Baden. Offenbar mit Erfolg.
Badeverbot an den Teichen im Sommer 1954
Aus anderen Gründen kam es im Sommer 1954 zur Sperrung des Badeteiches. Nachdem das Gesundheitsamt Wurzen am 21. 6. 1954 aus dem Teich Wasserproben entnommen hatte, sperrte der Bürgermeister von Lübschütz am 3. 7. 1954 den Teich. Auf Verbotstafeln war vermerkt, dass wegen starker Verunreinigung des Wassers das Baden bei Strafe verboten sei. In Schreiben u. a. an den Rat des Bezirkes und das Zentralkomitee der SED wandte sich der Vorstand der Siedlung dagegen und machte auf einige sonderbare Geschehnisse aufmerksam. Zunächst wurde versucht, so die Darstellung, den Teich zu sperren, weil angeblich Glasscherben im Gewässer vorgefunden wurden, wodurch sich Fußverletzungen, Schnittwunden und ähnliches ergeben hätten. Da sich dies nicht als stichhaltig erwies, wurde eine andere Begründung gesucht. Sie wurde gefunden, wie sich aus dem Brief eines Mitgliedes der Alfred-Frank- Siedlung an den Vorstand ergibt. Anrüchige Zustände am Badeteich An den Vorstand der Alfred-Frank-Siedlung, Lübschützer Teiche Hiermit teile ich dem Vorstand folgendes Vorkommnis mit: Frau L., zur Zeit Krankenschwester an den Teichen, erzählte in meinem Beisein einer Kommission vom Gesundheitsamt Wurzen, Angehörige der Besatzungsmacht hätten am Sonntag, dem 20. Juni, mitten im größten Betriebe ihre Notdurft (groß) verrichtet. Dieses wurde von allen Anwesenden als unglaubhaft bezeichnet und sehr stark angezweifelt. Frau L. gab jedoch an, Zeugen dafür beibringen zu können. Um einer evt. Verleumdung der Besatzungsmacht vorzubeugen, teile ich dies dem Vorstand mit. Mit sozialistischem Gru§ R. G. 28 Badeverbot Badeverbot an den Teichen im Sommer 1954 Der Vorstand beschäftigte sich am 3. Juli 1954 mit dieser Mitteilung. Er hielt diese Behauptung „für völlig unglaubhaft und eine Diffamierung unserer sowjetischen Freunde“ und wies sie strikt zurück. Er sei vielmehr der Ansicht, dass es sich um einen Sabotageakt handelt, da man wisse, dass die Mehrzahl der Siedler der Alfred- Frank-Siedlung Mitglieder der Partei der Arbeiterklasse seien und dass man gegen diese „in der infamsten Weise“ arbeitet. Wenn schon Krankheitserreger gefunden worden seien, hätte man den Teich sofort sperren müssen und nicht erst nach zwölf Tagen. Außerdem hätte auf Seuchengefahr hingewiesen werden müssen und nicht auf die Verunreinigung des Wassers. Der Vorstand verlangte eine gründliche Untersuchung dieser Angelegenheit, auch der überzogenen Maßnahme des Gesundheitsamtes Wurzen. Sogar Parteichef Walter Ulbricht wurde in einem Brief von den Missständen an den Teichen informiert. Das Problem beschäftigte den Vorstand über den Sommer 1954 hinweg. Es wurde herausgefunden, dass jemand in den Galgenteich Schweinemist geschüttet hatte und dass infolge höheren Wasserstandes das verunreinigte Wasser in den Badeteich zurückgelaufen war. Es wurde sogar vermutet, dass sich der „Saboteur“ in der Siedlung befindet. Die Staatsorgane wurden vorübergehend verdächtigt, die Tatbestände unnötig aufgebauscht zu haben. Zum Ende des Sommers konnten die Missverständnisse ausgeräumt werden, die Wasserverhältnisse hatten sich gebessert, das Badeverbot wurde aufgehoben.
Der Bau des Erholungs und Schulungsheimes
Trotzdem häuften sich mehr oder weniger versteckte Angriffe auf die Existenz der Siedlung. Anfang der 50er Jahre musste sie ihr selbständiges Bestehen aufgeben, obwohl noch in der Satzung von 1959 festgeschrieben wurde, dass die Siedlung kein Kleingartenverein im üblichen Sinne sei und die Parzellen möglichst dem Charakter der Landschaft anzupassen seien. Der Verein wurde dem Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter angegliedert. Nach einer im Jahr 1952 erlassenen Verordnung ging die Waldfläche der Siedlung in die Rechtsträgerschaft des Forstwirtschaftsbetriebes Grimma über, ohne dass der Vorstand der Siedlung davon Kenntnis erhielt. Der Rechtsträgerwechsel war dann die Grundlage dafür, dass ein 2500 Quadratmeter großes Waldstück aus der Siedlung herausgelöst und auf „kaltem Wege“ dem Rat der Stadt Leipzig zur Verfügung gestellt wurde, der im Jahr 1954 mit dem Bau eines Erholungs- und Schulungsheimes begann. Der Vorstand der Siedlung protestierte energisch dagegen und schaltete sogar die Staatsanwaltschaft ein. In einer Verhandlung im August 1954 wurde entschieden, dass die Siedlung Eigentümerin des betreffenden Flurstücks bleibt, die Waldfläche aber vom Forstamt Grimma fachlich betreut wird. Das Erholungs- und Schulungsheim wurde in den Jahren 1954 bis 1958 letztlich doch gebaut, das Waldstück von der Siedlung abgetrennt.
Weitere Angriffe auf Eigentum und Eigenständigkeit der Siedlung
Im Jahr 1955 begannen neue Angriffe auf die Eigenständigkeit der Siedlung. In einem Schreiben des Kreisverbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) vom 9. Juni 1955 an den Rat des Kreises Wurzen heißt es, dass die Alfred- Frank-Siedlung nicht im Vereinsregister eingetragen ist, „sie war und ist vermutlich nicht rechtsfähig. Aber auch im Falle ihrer Rechtsfähigkeit würde sie offenbar als aufgelöst zu gelten haben auf Grund der Verordnung zur Förderung des Kleingartenund Siedlungswesens und der Kleintierzucht.“ Auf jeden Fall müsse der Eigentümereintrag im Grundbuch berichtigt werden (!). In einem Protestschreiben an die Sozialkommission der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) machte der Vorstand darauf aufmerksam, dass die Siedlung unter die genannte Verordnung „gezwängt“ werden solle und erbat Hilfe, die aber letzten Endes ausblieb. Am 3. Dezember 1958 wurde zwischen dem Rat des Kreises Wurzen, dem Kreisverband Wurzen des VKSK und der Alfred- Frank-Siedlung, vertreten durch ihren Vorsitzenden, eine Vereinbarung unterzeichnet, der zufolge der im Grundbuch von Lübschütz eingetragene Grundbesitz in die Rechtsträgerschaft des Rates des Kreises Wurzen überging. Der Siedlung wurde das im Grundbuch eingetragene Flurstück „zur Nutzung auf unbestimmte Zeit“ überlassen. Es gab jedoch noch einige Fragen zu regeln, was der Vorsitzende in eine denkwürdige Formulierung kleidete, aus der auch eine gewisse Resignation spricht: „Mit dem von uns gewünschten Übergang in die höhere Form des gesellschaftlichen Eigentums ergibt sich jedoch vor allem für die Siedlung die Notwendigkeit der rechtlichen Sicherung ihrer Ansprüche an das von ihr genutzte Gelände und damit im Zusammenhang stehender Fragen.“ Die „höhere Form des gesellschaftlichen Eigentums“ war das Volkseigentum. Zwar forderte man von den Siedlern in einer „politischen“ Siedlung die Einsicht, dass das so ist, es ist aber stark anzuzweifeln, dass der Verein diese quasi „Enteignung“ tatsächlich „gewünscht“ hat. Erklärend muss hier angefügt werden, dass zu jener Zeit das Eigentum an Grund und Boden bei weitem nicht die Bedeutung hatte, die es unter marktwirtschaftlichen Bedingungen einnimmt. Dass der Vorstand der Siedlung dennoch einen zähen Kampf um den Erhalt des Grundeigentums führte, ist sicherlich in der Lebenserfahrung der im Vorstand tätigen Siedlungsmitglieder begründet. Immerhin behielt die Siedlung weitgehende Rechte wie die zur Vergabe von Parzellen, zur Genehmigung des Baus von Lauben und zur Bewirtschaftung des Zeltplatzes.
Die Lübschützer Teiche werden zum Naherholungsgebiet erklärt
In der Folge tat sich vieles an den Lübschützer Teichen und in der Alfred- Frank-Siedlung. Ein Leserbrief an die LVZ vom November 1959 drückt entsprechende Erwartungen aus: „Die Zahl der Menschen, die in Machern und an den Lübschützer Teichen Entspannung suchen, wächst beständig, womit bewiesen wird, daß diese Gegend beste Voraussetzungen für ein Erholungszentrum bietet, wozu es sich aber unter den jetzigen Verhältnissen keineswegs entwickeln kann.
Dies ist in erster Linie in der bescheidenen Kapazität der Konsum-Gaststätte begründet, die in keiner Weise dem Ansturm an hochsommerlichen Sonntagen gewachsen ist. Da die Speisen nicht ausreichen, müssen die Campingfreunde ihre Verpflegung mitbringen; nach Getränken muß man ständig anstehen und sonstige Erfrischungen gibt es auch nur selten. Da auch in der weiteren Umgebung keine größeren Gaststätten vorhanden sind, sollten sich die verantwortlichen Stellen einmal ernsthaft überlegen, wie hier eine notwendige Abhilfe geschaffen werden kann, wofür unsere Werktätigen sehr dankbar wären. Eine Lösung wäre der Bau einer neuen Gaststätte. . .“ Es kam es tatsächlich zu tiefgreifenden Veränderungen im Umfeld der Lübschützer Teiche. Das war begründet durch Beschlüsse der DDR-Regierung zur Entwicklung der Naherholung. 1963 wurden die Lübschützer Teiche zum Naherholungsgebiet erklärt, im Jahr 1965 entstanden der große Parkplatz, die dazugehörige Wendeschleife für Busse und die Zufahrtstraße (heute Alfred-Frank-Weg). Auch eine regelmäßige Busverbindung wurde eingerichtet. Busse fuhren in der Sommersaison mehrmals täglich.
Laubenbau in den 60er Jahren
In der Siedlung wurden in den 60er Jahren zahlreiche Lauben neu gebaut, auch der Umbau älterer Lauben wurde in Angriff genommen. Wie so ein Neubau im Jahr 1963 vor sich ging, schildert Siedlerfreund Rolf Buschmann in einem Bericht. Zunächst musste jedoch eine Parzelle ausgesucht werden, die zu jener Zeit noch vergeben wurden: „Mit Vergnügen erinnere ich mich noch heute an (Sohnemann) Günters Ausrufe ‚Vati, die nehmen wir!’ Doch erst am Ende des Rundgangs hatten wir den idealen Standort gefunden, ein sehr großes, verwildertes Gelände. Kurz gesagt: Der Vorstand sprach uns die große Parzelle zu, wir waren ja zwei Familien, mit Viewegs als Partner. Wir wollten eine Laube bauen, aber woher nimmt man im Jahre 1963 Baumaterial? Der Zufall kam uns zu Hilfe. Am Markt wurde eine riesige Baracke abgerissen, die nach dem Kriege – die Alte Waage war ausgebombt – als Behelfsbau für ein Reisebüro und eine Theaterkasse des Messeamtes gedient hatte. Die mit dem Abriss beauftragte Firma verkaufte in einer Baubude die gewichtige Dachverschalung. Innerhalb von Minuten erwarb ich 200 Quadratmeter für den Schnäppchenpreis von 1.- Mark pro Quadratmeter. Gearbeitet wurde abends, an den Wochenenden und im Urlaub, da wir alle berufstätig bzw. schulpflichtig waren. Viewegs Trabant hielt als leistungsfähiger Transporter her. – Nachdem es auf der Parzelle los ging, fuhren Buschmanns mit dem Personenzug vom Leipziger Hauptbahnhof bis Machern. Dem folgte der Fußmarsch bis ans Ende der Siedlung, etwa 45 Minuten.
Wir schleppten die Lebensmittel, holten Wasser an der Quelle am Teich (Quellweg!) oder am Brunnen am Hauptweg. Ein Anschluss an das Stromnetz existierte noch nicht. Aber was machten uns die Strapazen schon aus! Wir waren jung und begeistert, Lübschütz bot Romantik und Erfolgserlebnisse. Bauen ist ein gutes Hobby . . . Unser erstes Fundament gossen wir unter fachmännischer Anleitung des Maurers Max Loch. Schaufel, Rechen und Gießkanne ersetzten den Betonmischer. Wehe demjenigen, der die Anweisungen des Meisters nicht befolgte oder gar ein Streichholz in den Beton schnippste. Am 14. August 1964 erhielten wir dann auch die Baugenehmigung für die längst fertige Laube!“ Auf ähnliche abenteuerliche Weise wurden in jener Zeit viele der noch heute stehenden Lauben errichtet. Holz, Zement, Kalk, Steine, alles war nur mit Schwierigkeiten zu beschaffen, auch Transportmittel standen kaum zur Verfügung. Lediglich zu Sand und Kies gab es infolge der nahe gelegenen Sandgrube Zugang, die LPG Püchau karrte die gewünschten Mengen bis vor den Garten.
"Baulöwe" Otto Schäfer
In den 60er Jahren leitete Siedlerfreund Otto Schäfer die Baukommission – es gab weiter eine Kultur- und eine Parzellenkommission. Otto Schäfer interessierte sich nicht nur für das Baugeschehen in der Siedlung, er hatte offenbar auch Spaß am Bauen. Er errichtete jeweils eine Laube – und dann suchte er sich eine neue Parzelle, in die er ein Häuschen setzte. Dreimal hielt er es so, die dritte und letzte Parzelle mit neu gebauter Laube erhielt Gertrud Frank, die Witwe Alfred Franks. Sie war schon hochbetagt und wollte die Parzelle eigentlich gar nicht, nahm sie aber dann doch. Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre wurden die Parzellen südlich des Lübschützer Weges vergeben, sie reichten in West-Ost-Richtung vom Sonnenblumenweg bis zum Ahornweg. 1969 wurde die südliche Spitze der Siedlung bebaut, die wegen der für damalige Verhältnisse schon komfortableren Bauten die Bezeichnung „Protzendorf“ erhielt. Damit bekam die Siedlung ihre endgültige Gestalt. Zugleich wuchs ihre Attraktivität. Nun war es tatsächlich schwierig geworden, eine Parzelle zu bekommen. Beim Vorstand existierte eine lange Warteliste mit bis zu 40 Bewerbern, mehr wurden nicht zugelassen. Es war schon kompliziert, auf die Warteliste zu kommen. Noch schwieriger war es jedoch, einen Garten zu erhalten.
Die Aussicht darauf stieg, wenn sich ein Bewerber dazu bereit erklärte, in der Siedlung eine Funktion zu bekleiden. Das blieb so bis zum Ende der DDR.
Bahn-Doppelkarte für Kleingärtner hin und zurück für 1,20 Mark
Siedlerfreund Rolf Buschmann erinnert auch an den Weg, den viele Siedler an den Wochenenden zwischen Leipzig und ihrem Garten zurücklegten: „Auch das gehört zur Geschichte unseres Vereins: Eine Fahrkarte vom 7. 11. 1965 für den Personenzug Leipzig Hbf – Machern, hin und zurück für 1,20 Mark der DDR.
Die Strecke war – bedingt durch die Demontage von Gleisen als Reparationsleistung für die Sowjetunion – weitgehend eingleisig, die Fahrzeit ungewiss. Wir besaßen kein Auto und nutzten die Bahnverbindung regelmäßig. Der Hin- und Rückweg von Machern zur Parzelle durch den Wald (45 Minuten) tat der Gesundheit gut. Aber das war oft auch eine ziemliche Schlepperei von Lebensmitteln oder Baumaterial. Enthusiasmus für die Lübschützer Teiche war immer ausschlaggebend für gute Laune.“ Die billige Doppelkarte für Kleingärtner gab es übrigens auf einen Ausweis mit Lichtbild, den jeder Siedler beantragen konnte. Wenn in den 60er Jahren der Personenzug – damals übrigens noch von einer Dampflok gezogen – Sonntags vormittags auf dem Macherner Bahnhof ankam, entstieg ihm jeweils ein großer Pulk von Siedlern, die sich zum Teil kannten und in langer Schlange durch den Ort, den Park und den Wald zogen. Manche trugen Rucksäcke, andere zogen einen kleinen Wagen, einige schoben einen Kinderwagen vor sich her, auf dem man auch Gepäck unterbringen konnte. Mit den Jahren verringerte sich dieser Pulk, denn die Siedler fuhren nun zunehmend mit Trabant oder Wartburg. Hinzusetzen muss man noch, dass der jährliche Pachtpreis pro Quadratmeter bis zum Ende der DDR 2,5 Pfennig betrug. Für eine Parzelle von 500 Quadratmeter waren demzufolge 12,50 Mark im Jahr zu entrichten.
Der alte Herr mit der Flöte
In den 60er Jahren erregte ein alter Herr Aufsehen, den die Siedler mehr vom Hören als vom Sehen kannten. Es war Herr Mieth, er wurde über 90 Jahre alt. Er kam mit der Bahn, lief den Weg vom und zum Bahnhof zu Fuß, trug einen Rucksack und spielte, wenn er auf dem Heimweg die Siedlung verließ, auf seiner Okarina Abschiedslieder. Wenn dann „’s ist Feierohmd“ oder „Guten Abend, gute Nacht“ über die Gärten erklang, sagten die Kinder achtungsvoll: „Horch, der alte Herr mit der Flöte geht jetzt nach Hause.“
Zeltplatz und Kantine
Seit die Siedlung zu existieren begann, verwaltete sie auch den Zeltplatz. Siedler, die für den Dienst eingeteilt wurden, gaben Zeltplatzkarten aus und räumten den Platz auf. Das änderte sich spätestens in den 50er Jahren, denn ab 1955 war ein Herr Schmidt der Zeltplatzwart. Er war beim Rat des Kreises Wurzen angestellt. Ab 1968 wurde Siegfried Beyer Zeltplatzleiter, er blieb es bis 1998. Er wurde von der Gemeinde Püchau eingestellt, aber schon 1968 wurde die Gemeinde Machern sein Arbeitgeber. Siegfried Beyer betreute jetzt das „Naherholungsgebiet Lübschützer Teiche.“
Ab 1969 erlebte der Zeltplatz einen bedeutenden Aufschwung. Sanitäreinrichtungen wurden gebaut, 1969/70 entstand die Zeltplatzverwaltung aus einer Baubaracke der Deutschen Reichsbahn, die zuvor in Machern an der Bahn gestanden hatte. Aufgebaut hat sie der Zeltplatzleiter mit seiner Familie und Angestellten. Auf dem Zeltplatz entstanden 250 Dauercampingplätze und 100 Kurzurlauberplätze. Jeder derartige Platz bot im Durchschnitt Unterkunft für drei Personen. Für weitere 110 Personen wurde in Bungalows Platz geschaffen, die ab 1972 von Leipziger Betrieben gebaut und ausgestattet wurden. Daran beteiligten sich die volkseigenen Betriebe PKM-Anlagenbau, Geophysik, Takraf, Montan, RFT Fernmeldewerk, BMK Süd sowie die Volkspolizei Leipzig. Weitere Betriebe waren die VEB Landwirtschaftliche Geräte Bad Liebenwerda und Holzwerke Mühlhausen. Sowohl die Plätze für Camping als auch die Bungalows waren im Juli/August stets ausgebucht. Die Zeltplatzverwaltung lieh komplett eingerichtete Zelte und einzelnes Zubehör wie Luftmatratzen aus. Für seine Umsicht und nimmermüde Aktivität wurde Zeltplatzleiter Siegfried Beyer in einer symbolischen Aktion der LVZ im Sommer 1989 geehrt. 1973 wurden für das Naherholungsgebiet 10 Wassertreter und 10 Ruderboote angeschafft, die für Fahrten auf dem Galgenteich ausgeliehen werden konnten. Auf dem großen Spielplatz entstanden ein Volleyballplatz, eine Kegelbahn, ein Schaukelgerüst mit Kletterstange, Turngeräte, ein Stufenreck, Wippen, ein Kinderspielplatz und eine Anlage für Freiluft-Großschach. Seit den 60er Jahren gab es in der Zeit der Schulferien Freilichtkino, später entstand ein Zeltkino, in dem bis zu 350 Besucher gezählt wurden, schließlich wurde ein festes Kino gebaut. Allein im Sommer 1986 verzeichnete das Zeltplatzkino 9814 Besucher. Laut Zeitungsbericht zählte der Zeltplatz zu den beliebtesten im Bezirk Leipzig. Und das, obwohl die Wasserqualität im Badeteich vor allem in heißen Sommern immer wieder Fragen aufwarf. Zunehmend wurde die Fischwirtschaft im Teich intensiv betrieben, was nicht selten dazu führte, dass Schwimmer im Teich mit Karpfen zusammenstießen – bei einem ausgewachsenen Flossentier ein nicht gerade angenehmes Erlebnis. In der Sommersaison sorgten Rettungsschwimmer des DRK für die Sicherheit der Badegäste. Seit Anbeginn gehörte die Kantine der Siedlung. Das änderte sich nachdem im Winter 1970 das Dach infolge Schneelast einstürzte und neu gebaut werden musste. Nunmehr wurde die Gaststätte vom Konsum betrieben. 1971 wurde die neue Gaststätte fertig und unterstand von jetzt an dem Konsum. Sie war nun größer als der Vorgängerbau, der ausschließlich auf Macherner Grund stand.
Kuriosum beim Gaststättenbau: Gemeindegrenze nicht beachtet
Beim Neubau wurde nicht beachtet, dass über die Gemeindegrenze hinweg gebaut wurde, so dass sich die Gaststätte nun zu einem Drittel auf Püchauer Boden befand. Das hatte in Fällen, da die Feuerwehr alarmiert werden musste, Streitigkeiten zur Folge, da zunächst geklärt werden musste, an welcher Stelle der Brand ausgebrochen war und welche Gemeinde demzufolge die Feuerwehr schicken musste. An der Gaststätte wurde in den 80er Jahren die Freitanzfläche gebaut, die später noch überdacht wurde. So wurden zusätzliche Plätze im Freien geschaffen, denn die Gaststätte erfreute sich starken Zuspruchs. Anfangs wurde sie im Winter geschlossen, doch da es, wenn die Teiche zugefroren waren, viele Besucher gab, wurde sie später auch im Winter an den Wochenenden geöffnet. Die Lübschützer Teiche und ihre Gaststätte waren auch ein beliebtes Ziel bei den Wandertagen an den Leipziger Schulen. An solchen Tagen im Mai/Juni war die Gaststätte meist überfüllt. Rekordbesuch waren 1600 Kinder an einem 1. Juni, dem Kindertag.
Bärmlichs Laube: ein Raumwunder
In Oma Bärmlichs Garten war immer etwas los. Das lag schon an den mitunter unglaublich vielen Bewohnern ihrer gar nicht so großen Laube, die tagsüber den Garten und den Weg davor bevölkerten. Drei bis vier Enkel hatte Oma Bärmlich in den Sommerferien immer zu Gast - allein in der Grimmer-Familie gab es sechs Kinder, die immer gerne in den Garten kamen. Zeitweise waren auch ihre Cousins und Cousinen dabei - und am Wochenende kamen oft noch die Eltern dazu. Wie Oma Bärmlich in all dem Trubel den Überblick behielt - und für all diese Leute nachts zum Schlafen noch ein kleines Plätzchen fand -, war schon eine Meisterleistung. Ein besonderes Ereignis wurde es immer, wenn die kleine Karawane aus Bärmlichs Garten in Richtung Teich zum Baden zog. Und es war für andere Kinder in der Siedlung immer das Zeichen, dass sie nun am Teich genügend Mitspieler für Wasserhasche, Fußball und Volleyball finden konnten.
Die Siedlung bekommt Wasseranschluss
1968 bekam die Siedlung Wasseranschluss. Bis dahin diente als einziger Wasserspender der Brunnen auf dem Hauptweg, dessen Pumpe aber an heißen Tagen überlastet wurde. Siedler, die beim Bauen waren, mussten das Wasser aus dem Teich holen. Die Wasserleitung war der Abzweig einer Versorgungsleitung für Leipzig, das Wasser kam aus der Elbaue. Für den Wasserleitungsbau der Siedlung wurden Lottomittel bereitgestellt, die Schachtarbeiten erfolgten durch Arbeitseinsätze der Siedler. Nun konnte an mehreren Zapfstellen auf dem Hauptweg Wasser entnommen werden. In den Jahren 1977/78 gestattete der Vorstand, dass die Siedler das Wasser bis in ihre Gärten führen konnten. Dies geschah in Eigeninitiative und in unterschiedlicher Qualität, denn es stellten sich bald Rohrbrüche infolge Frost ein. Das Wasser bis in die Lauben zu führen, war anfänglich untersagt, das Verbot wurde bald mittels flexibler Leitung umgangen. Später hatte fast jeder Wasseranschluss in der Laube, es entstanden Duschen, WCs, sogar Waschmaschinen wurden betrieben. Das hatte zur Folge, dass an heißen Sommertagen wiederum Wassermangel, vor allem in den höher gelegenen Gärten, herrschte. Da das Wasser pauschal bezahlt wurde, nahm jeder so viel, wie er eben brauchte.
Der Bunker
Im Jahr 1968 entstand am Rande der Siedlung der Bunker. Damals wusste niemand davon, auch der Vorstand nicht. Im Sommer hörten Siedler, die draußen schliefen, in den Nächten Fahrzeuge rollen. Aber es gab nur Gerüchte. Das Gelände war abgesperrt, es war nichts zu sehen. Sicher ist, dass Bausoldaten aus Schneeberg den Bunker gebaut haben. Ihr Vorgesetzter, ein Major, hielt sich gern in der Kantine auf, er gab an, selbst nicht zu wissen, was da gebaut werde. „Wir holen nur Sand raus“, war die einzige Auskunft. Tatsächlich staunten die Siedler über die riesigen Sandberge, die auf dem freien Platz vor der Märchenwiese entstanden. Sichtbar gebaut wurde dann ein Eigenheim, das auch von einem „Hausmeister” bewohnt wurde. Dessen Kinder fuhren mitunter mit erhöhter Geschwindigkeit durch die Siedlung, was Missfallen erregte und schließlich dazu führte, dass ein anderer „Hausmeister” kam. Wie sich nach der Wende herausstellte, handelte es sich bei dem geheimnisvollen Bau um den Bunker der Bezirksbehörde des Ministeriums für Staatssicherheit, eine Ausweich- Führungsstelle für den „Ernstfall“. In diesem Sinne ist der Bunker jedoch niemals genutzt worden. Der Bau ist für 100 bis 200 Personen ausgelegt , befindet sich sechs Meter unter der Erde und enthält eine Nachrichtenzentrale, Küchentrakt, Räumlichkeiten für medizinische Betreuung und eine Entaktivierungszone. Dass der unterirdische Bau in Zusammenhang mit dem Richtfunkturm stünde, wie manche Siedler vermuteten, entspricht nicht den Tatsachen. Der Bunker hatte eine eigene Wasserversorgung über einen Tiefbrunnen. Zur besseren Tarnung war am Tor zum Eigenheim zwar eine Nummer sichtbar, woraus eine Zugehörigkeit zur Siedlung hätte vermutet werden können. Eine solche Nummer ist jedoch vom Vorstand niemals vergeben worden.
Der ABV am Rande der Siedlung
Am unteren Ende des heutigen Salamanderweges steht ein Häuschen, das etwas aus dem Rahmen fällt, denn es ist zweistöckig gebaut. Es entstand schon, bevor dort die Siedlung bebaut wurde. Zeitweise war es das Wohnhaus eines Abschnittsbevollmächtigten der Deutschen Volkspolizei, wovon ein entsprechendes Schild am Haus kündete.
Der Bau des Siedlerheims "Alfred Frank"
In den Jahren 1975/76 wurde das vereinseigene Siedlerheim gebaut, das auch den Namen „Alfred Frank” erhielt. Eine Büste des Malers und antifaschistischen Widerstandskämpfers sowie eine Bronzeplatte wurde – wie am Denkmal – am Heim angebracht. Das Siedlerheim entstand ausschließlich durch eigene Leistungen der Siedler. Das Projekt stammte von Siedlerfreund Vogel, von Beruf Bauingenieur. Die Platten kamen aus dem Plattenwerk Wiederitzsch, die Außenwände waren Ausschussplatten. Der Transport zur Siedlung erfolgte zu günstigen Konditionen. Den Bau leitete Helmut Franke. Er organisierte die Platten, den Transport und sorgte auch für die Montage der Platten. Dennoch entstanden erhebliche Kosten, sie wurden durch “Aufbausteine” gedeckt, die im Wert zu 100, 50, 20, 10 und 5 Mark an die Mitglieder ausgegeben wurden. Die Siedler gaben somit einen zinslosen Kredit mit einer Laufzeit von fünf Jahren. Nach Auskunft von Wolfgang Exner, fast zwei Jahrzehnte Vorsitzender, kamen “zigtausend Mark” zusammen. “Anders hätten wir das Geld nicht zusammen bekommen”, so Exner. Abgesehen von Mitgliedern, die der Siedlung ihre Bausteine schenkten, sei alles auf Heller und Pfennig zurückgezahlt worden. Viele fleißige Leute seien beim Bau tätig gewesen, manche hätten dabei “Blut gelassen”. Exner sei selbst jeden Tag auf der Baustelle gewesen. Im Oktober 1976 wurde das Spartenheim unter großer öffentlicher Anteilnahme – anwesend war der Vorsitzende des Rates des Kreises Wurzen – übergeben. Insgesamt waren Eigenleistungen im Wert von rund 100 000 Mark gebracht worden. Die Siedlung hat dann die Vereinsgaststätte betrieben. Nach Aussage von Wolfgang Exner lief sie “blendend”. Im Siedlerheim fanden auch Tanzabende, Vorträge, Skatabende und andere kulturelle Veranstaltungen statt, die bei den Siedlern beliebt waren. Im Juni 1983 fand am Denkmal ein Meeting statt, das dem 50. Jahrestag des blutigen Überfalls auf die Zeltstadt an den Lübschützer Teichen gewidmet war. Aus eigenem Erleben konnten noch die Siedler Paul Hessel, Irmgard Andreß, Otto Vollrath und Hans Maier darüber berichten. Am Meeting nahmen auch Abordnungen der angrenzenden Gemeinden Machern und Püchau mit ihren Bürgermeistern teil.
Die Umgestaltung des Denkmals
Schon in den frühen Anfängen der Siedlung errichteten die Antifaschisten einen Gedenkstein für Alfred Frank. Regelmäßig fanden hier zum Gedenktag der Opfer des Faschismus sowie am 1. Mai und 8. Mai Treffen und Kundgebungen statt, an denen viele Siedler teilnahmen. Das blieb so bis zum Ende der DDR, wenn auch die Teilnahme der Siedlerfreunde mit den Jahren geringer wurde. In der Mitte der 70er Jahre beschloss der Vorstand, ein richtiges Denkmal zu setzen. Die Abteilung Kultur vom Rat des Kreises stellte dafür Mittel zur Verfügung, und es entstand, auch mit Hilfe von Arbeitseinsätzen der Siedler, das Denkmal in der heutigen Form. Es wurde anlässlich des 100. Geburtstages von Alfred Frank am 29. Mai 1984 im Rahmen einer würdigen Feierstunde eingeweiht. Die Büste von Alfred Frank und die Gedenktafel aus Bronze wurde in zweifacher Ausfertigung – auch für das Spartenheim – im volkseigenen Kombinat GISAG gegossen. Das Kombinat überließ die Stücke der Siedlung kostenlos. Das Denkmal steht heute auf der sächsischen Denkmalliste. Im selben Jahr (1984) wurde in einem Bungalow auf dem Lübschützer Weg eine Ausstellung zu Leben und Werk von Alfred Frank gestaltet. Im Bungalow waren Werke des Künstlers zu sehen.
Der Fuhrunternehmer Karl Punge
Mit dem Denkmal in Zusammenhang steht der Umzug des Siedlers Karl Punge auf eine neue Parzelle. Punge war Fuhrunternehmer, der auch für manche Siedler Transporte übernahm. Allerdings hatte er sein Anwesen in unmittelbarer Nachbarschaft des Denkmals, und nach übereinstimmenden Auskünften war der Punge-Bau ein Schandfleck für die Siedlung, „er hatte in der Nähe des Denkmals eine Bude zusammengenagelt und sie mit Decken und Zeltplanen verhängt, sein klappriger Lkw stand mit drin“, lautete eine Beschreibung. Daher drängte der Vorstand auf den Umzug, dem Fuhrunternehmer wurde eine andere Parzelle zur Verfügung gestellt. Hier verfiel Punge ins andere Extrem, er baute zu groß, zu hoch und offenbar auch zu teuer, denn er wurde nie fertig. Er unterkellerte den Bau und baute zweistöckig, beides war nicht gestattet. „Wir hatten mit dem Mann nur Ärger“ erinnern sich Vorstandsmitglieder und andere Siedler. In der sonntäglichen Mittagspause kreischte spätestens 13.40 Uhr Punges Kreissäge auf und schreckte die Nachbarn aus der Ruhe. Es gab eine wortreiche Auseinandersetzung, und es folgten zehn Minuten Stille. Danach begann jedoch die Kreissäge erneut zu kreischen... Karl Punge konnte seinen Bau nicht fertig stellen. Er musste die Siedlung verlassen. Der Vorstand zahlte die Erben Punges aus, übernahm dann das rohbaufertige Haus und nutzte es seitdem als Geschäftsstelle.
Die Sommer- und Kinderfeste
Seit den 50er Jahren richtete die Siedlung alljährlich ein Sommer- und Kinderfest aus. Bis in die 80er Jahre wurden die Feste weitgehend aus eigenen Kräften bestritten. Die Organisation lag in den Händen der Kulturkommission. „Wir hatten schöne Sommerfeste“, erinnert sich Wolfgang Exner, „der Zoodirektor kam mit Tieren, die Kampfgruppe kam mit der Gulaschkanone. Auch die Feuerwehr fuhr in der Siedlung vor. Es war viel los.“ Die Kulturkommission organisierte Kinderspiele und sorgte selbst für ein Kasperletheater. Auch Trickfilme wurden für die Kinder gezeigt. Viele Siedler halfen mit. „Und das alles ohne Geld“, so Wolfgang Exner. Da sich in der Siedlung im Sommer sehr viele Kinder aufhielten, wurden auch in einigen Wegegruppen Kinderfeste veranstaltet. Abends fanden sich dann die Erwachsenen zu geselligen Runden zusammen.
Das Ende der Alfred- Frank-Siedlung
Wie sich die DDR insgesamt in den letzten anderthalb Jahrzehnten ihrer Existenz veränderte, die Hinwendung zum Konsum- Sozialismus immer mehr um sich griff, wandelte auch die ursprünglich politisch geprägte Alfred-Frank-Siedlung ihren Charakter merklich. Zwar achtete der Vorstand immer noch darauf, dass die wenigen neu zu vergebenden Gärten an „gesellschaftlich aktive Bürger“ verpachtet wurden.
Die Lübschützer Teiche und die Siedlung in der Bundesrepublik Deutschland
Die Wendezeit in der Siedlung an den Lübschützer Teichen
Die Zeit der Wende auf dem Gebiet der ehemaligen DDR war zunächst geprägt von einer Aufbruchstimmung, die - vom Geist der friedlichen Revolution getragen - im Willen vieler Menschen ihren Ausdruck fand, die DDR in eine wirklich demokratische Republik umzuwandeln. Dass von der Mehrheit des Volkes später der Ruf nach „Deutschland einig Vaterland“ immer lauter und über diesen Weg vor allem der schnelle Weg zur D-Mark gesucht wurde, hatte für alle Ostdeutschen ganz konkrete Konsequenzen, die letztendlich im Einigungsvertrag (nicht alle) formuliert worden waren - so auch für die Mitglieder des politisch geprägten Vereins an den Lübschützer Teichen, der damaligen „Alfred-Frank-Siedlung“. Auf Grund dessen, dass u.a. das „Bürgerliche Recht“ wieder die gesellschaftliche Doch konnte auch das dem Umstand nicht abhelfen, dass, wie es in einem Zeitungsartikel hieß, „die meisten Gartenpächter sich inzwischen zu waschechten Datschenbesitzern gemausert hatten, die mit der Vergangenheit der Siedlung nicht mehr viel am Hut haben wollten“. Das zeigte sich in der Wende im Mai 1990, als eine Mehrheit in der Vollversammlung der Siedler dafür stimmte, den Namen Alfred Frank abzulegen. Damit hatte die „Alfred-Frank-Siedlung“ nach 45 Jahren aufgehört zu existieren, das Leben ging unter anderen Vorzeichen weiter. Rechtsgrundlage wurde, war es an der Zeit, dass sich auch die Siedler Gedanken um neue (alte) Eigentumsverhältnisse und Besitzstandsformen machen mußten, da es z.B. auch im Einigungsvertrag festgeschrieben wurde, dass die Ergebnisse der Bodenreform unantastbar sind und so mancher sich an das einst entgangene (Bodenreform-) Recht der Siedlung erinnerte. Es verbreitete sich 1990, um die Zeit der Währungsunion das Gerücht wie ein Lauffeuer, dass im Umfeld der Siedlung, also auf den Liegenschaften der ehemaligen Grafschaft zu Hohenthal-Püchau, die Nachfahren des Grafen gesehen worden sein sollten. Später wurden dem Gerücht noch angebliche Vorstellungen der Gesandten der gräflichen Familie hinzugefügt, dass nämlich über kurz oder lang auf den Flurstücken der Siedlung ein Golfplatz entstehen sollte. Der neugewählte Vorstand hatte in der Zeit des sich rasant entwickelnden Umbruchs diese Aufgabe übernommen, ohne ermessen zu können, was mit dem bürgerlichen Recht sowie dem Kleingartenrecht alles auf ihn zukommen konnte. Die wichtigste Aufgaben des damaligen Vorstandes waren in dieser Zeit dadurch bestimmt, dass innerhalb von den im Einigungsvertrag vorgegebenen Fristen keine irreparablen Versäumnisse bzw. Fehler passieren durften, die die Existenz der Siedlung hätten gefährden können. So mußte sich der Vorstand um rechtserhebliche Schritte bemühen, deren Notwendigkeit eigentlich nur mit einem bestimmten Grundwissen auf sehr vielen Rechtsgebieten, gepaart mit einem gesunden Maß an Rechtsverständnis, erkannt werden konnte. Glücklicherweise sicherten viele Menschen dem Vorstand ihre Unterstützung zu. Bei allem guten Willen mussten aber alle erkennen, dass die meisten der vor der Wende gesammelten Erfahrungen nicht anwendbar waren. Wieder einmal - wie auch schon in ähnlichen gesellschaftlichen Umbruchzeiten, wie den schweren Kriegs- und Nachkriegszeiten oder in Zeiten der Versorgungsengpässe – entstand am Sorgenberg eine Wie der neue Vorsitzende zu seinem Garten kam Da Eberhard Bartholomäus den Garten seiner Tante und seines Onkels übernehmen wollte, hatte er eine schwierige Aufgabe zu lösen. Er musste nachweisen, dass er tatsächlich mit den Vorbesitzern eng verwandt war. Diese Beweisführung währte von 1985 bis 1989 und erforderte umfangreiche Recherchen in der Deutschen Bücherei und in Archiven. Es brachte ihm schließlich einen Platz auf der Warteliste ein. Das er dann doch den Garten sofort bekam, war darauf zurückzuführen, dass er sich bereit erklärte, den Vorsitz im Verein zu übernehmen. Art Notgemeinschaft, die mit vereinten Kräften und mit dem Glück der Tüchtigen die neuen Herausforderungen bewältigen wollte und letztlich auch konnte. Ins „kalten Wasser“ geworfen, zum Teil in einer rechtlichen Grauzone lebend, ohne jegliches Wissen zum bundesdeutschen Recht stellten sich der Vorstand und die Mitglieder des Vereins den vielen Problemen, egal ob sie aktiv werden „mussten“ oder „nur“ helfen wollten. Viele einschneidende juristische Gegebenheiten und damit auch durchaus bekannte Begriffe, die aber vorher im gesellschaftlichen Leben keine oder eine nur unbedeutende Rolle gespielt hatten, prägten nun das Leben aller Siedler - auch in der Siedlung an den Lübschützer Teichen.
Die ersten Schritte des Vereins in die neue Zeit
Am 20. Mai 1990 fand eine Mitgliederversammlung statt, die für den Verein richtungsweisend war. Hier wurde vor allem eine neue Satzung beschlossen, die sich den verändernden politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten anpasste, in der sich der Verein auf die neuen Bedingungen, Gesetze, Verordnungen und somit auch auf die neuen Wertvorstellungen im vereinigten Deutschland einstellte. In der neuen Satzung des Vereins wurde u.a. festgelegt, dass der ehrenamtlich und selbständig zu führende und der Gemeinnützigkeit verpflichtete Verein parteipolitisch und konfessionell unabhängig tätig zu werden und aufzutreten hat. Damit standen auch die vereinseigenen Räumlichkeiten für gesellschaftliche Veranstaltungen nicht mehr zur Verfügung. Die auf einer Parzelle des heutigen Lübschützer Weges existierende Alfred- Frank-Gedenkstätte wurde aufgelöst. Alle Ausstellungsstücke sind protokollarisch an das damalige Landratsamt Wurzen übergeben worden. Die Alfred-Frank-Gedenktafel, die an der Vereinsgaststätte, dem heutigen „Waldeck“, angebracht war, ist in dieser Zeit von unbekannten Tätern - bis heute unauffindbar - entwendet worden. 45 Jahre nach der Bildung der von Nazigegnern geschaffenen, dem Antifaschismus verpflichteten „Gedächtnissiedlung“ entschloss sich die Mehrheit der Mitglieder, sich von der politischen Prägung der Siedlung zu trennen. Das traf so manchen der relativ wenigen noch im Verein tätigen Frauen und Männer der Gründergeneration hart, doch die Siedlung am Sorgenberg hatte sich in den letzten Jahrzehnten der DDR in ihrer Zusammensetzung bereits stark verändert. Die meisten Parzellen waren an Kinder und Enkel übergeben worden, für die der politische Charakter der Siedlung nur noch wenig Bedeutung hatte und durch die wesentliche Erweiterung der Anlage waren viele Siedler hinzugekommen, für die das politische Engagement in einer Freizeitanlage aufgepfropft wirkte. In den Monaten vor und nach der Wiedervereinigung konnte man sich so einer politisch motivierten Einengung entledigen, konnte man die ehemalige Alfred-Frank-Siedlung zu einer „normalen“ Wochenendsiedlung machen. Dabei darf auch nicht verkannt werden, dass die politische Ausrichtung der Gartenanlage gerade in der Wendezeit eine schwere Bürde zu werden drohte. Aus diesen Überlegungen heraus beschloß die Mitgliederversammlung auch einen neuen Namen für den Verein: „Wochenendsiedlerverein Lübschützer Teiche“. Unmittelbar danach wurde die Eintragung dieses Namens in das Vereinsregister des Kreisgerichtes Wurzen erwirkt, ein wichtiges, vor der Wende nicht übliches Erfordernis zur notariell beglaubigten Identität und damit zur Rechtsfähigkeit des Vereins.
Der Vorstand und der erweiterte Vorstand des Vereins
Die demokratischen Gremien der nunmehrigen Wochenendsiedlung, der von der Mitgliederversammlung gewählte Vorstand und die innerhalb der einzelnen Bereiche gewählten Vertrauensleute arbeiteten gerade in der Umbruchszeit mit ihren vielen Unwägbarkeiten konstruktiv zusammen. Die intensive Informationstätigkeit des Vorstandes und der Vertrauensleute wird u.a. dadurch deutlich, dass die monatlichen Sprechstunden des Vorstandes zumeist nur zum Zwecke des Klärens persönlicher Probleme genutzt wurden. Um die Beweglichkeit des Vorstandes beim Treffen von Grundsatzentscheidungen zu verbessern, wurde Mitte der 90er Jahre auf der Basis der von der Mitgliederversammlung beschlossenen Modifizierung der Satzung aus der Vertrauensleutevollversammlung, die nur ein Mittler zwischen Vorstand und den Mitgliedern war und keine Beschlüsse fassen konnte, der erweiterte Vorstand gebildet. Dieses Gremium ermöglicht nunmehr wichtige Entscheidungen für den Verein auch zwischen den Mitgliederversammlungen.
Die Beschaffung der Grundbuchauszüge und die Sicherung des Vorkaufsrechts
Zu den ersten Aktivitäten des Vorstandes in der Wendezeit gehörte auch, dass die Grundbuchauszüge für die den Verein betreffenden Flurstücke beim Zentralarchiv in Barby beantragt werden mussten. Nicht wenige Siedler hatten die Hoffnung, auf diesem Wege das Recht auf den Grund und Boden des Vereins, also auf das Bodenreformland, nachweisen zu können. Einfach war das aber nicht, denn diese alten Grundbücher wurden im Zentralarchiv in Barby aufbewahrt. Und wie das in solchen Zeiten immer ist: eine Hiobsbotschaft jagt die andere. So ging die Kunde um, daß dieses Archiv von einem Wassereinbruch betroffen war und dabei viele Unterlagen vernichtet worden seien. Die Spannung war bis zur ersten Nachricht kaum noch zu überbieten. Doch dann war es endlich soweit. Glücklicherweise waren zwar die Unterlagen der Gemarkung Lübschütz nicht vom Hochwasser betroffen, aber zur großen Enttäuschung aller Siedler wurde bestätigt, dass der im Rahmen einer 1958 stattgefundenen „Nacht-und-Nebel-Aktion“ bekannte Rechtsübergang des Bodenreformlandes der „Alfred-Frank-Siedlung“ - ehemals eingetragen auf die „Gedächtnissiedlung Lübschütz“ - an den damaligen Rat des Kreises Wurzen rechtsverbindlich im Grundbuch eingetragen worden war. Diese Eintragung war auch nach dem mit Wirkung vom 03.10.1990 in Ostdeutschland, den neuen Bundesländern, geltendem Recht in Verbindung mit dem Einigungsvertrag dahingehend rechtswirksam, dass ab diesem Zeitpunkt die Gemeinde Püchau als Verpächterin des Vereinsgeländes zuständig war. Das sollte für den Verein nicht erwartete, einschneidende juristische Konsequenzen haben. Das Warten auf die Grundbuchauszüge durfte nicht die alleinige Aktivität zum Sichern der Rechte auf den Grund und Boden des Vereins sein. Einige Siedler witterten Ihre Chance, ihre Parzelle als Eigentumsland bei der Gemeinde Püchau käuflich zu erwerben. Unter dem manchem heute noch bekannten, oft belächelten Slogan „Überholen ohne einzuholen“ wandten sie sich mit solchen Kaufersuchen noch vor dem Klären der speziellen Rechtslage des Vereins - zum Glück vergeblich - an die Bürgermeisterin der Gemeinde Püchau, Frau Becker. Zwischenzeitlich war dem Vorstand zu Ohren gekommen, dass sich Pächter von Gartenland um das Vorkaufsrecht auf ihren Grund und Boden bemühen sollten, um den in großer Zahl einfallenden „Glücksrittern“ aus den alten Bundesländern zumindest ein juristisches Hindernis in den Weg zu stellen, falls es mit einer (möglichen) Rückübertragung des Landes nicht klappen sollte. Kurze Zeit nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages wurde darum bei der Gemeinde Püchau das Vorkaufsrecht auf den Grund und Boden der Siedlung beantragt. Dies allein wäre aber - wie es die Menschen in den neuen Bundesländern erst später erfahren mußten - zur Sicherung des Grund und Bodens nicht ausreichend gewesen. Wie hätten denn die Mitglieder unseres Vereins bei einem Millionenangebot eines Interessenten aus den Altbundesländern an die Gemeinde Püchau z.B. für das Errichten eines Reit- oder Golfplatzes mithalten können? Und mit solchen spektakulären Angeboten mußte jederzeit gerechnet werden. Gerüchte dazu gab es mehr als genug. Im Rahmen dieser Aktivitäten erfuhr der Vorstand von der Bürgermeisterin, daß das Vereinsgelände im Bebauungsplan der Gemeinde Püchau ausdrücklich als für keinerlei Baumaßnahmen vorgesehenes Erholungsland ausgewiesen war. Das war in dieser Zeit des Umbruches ein wohlwollend zur Kenntnis genommenes „Trostpflaster“ für alle Siedler.
Der Antrag auf Rückübertragung des Grund und Bodens an den Verein
Eine vordringliche Aufgabe des Vorstandes war es nun, beim Landratsamt Wurzen fristgerecht vermögensrechtliche Ansprüche geltend zu machen, also die Rückübertragung des (enteigneten) Grund und Bodens des Vereins zu beantragen. Dies hatte bis zum 15.10.1990 zu erfolgen. Aufmerksame Vereinsmitglieder hatten von diesem Datum erfahren und den Vorstand - wenige Tage vor Ablauf dieser Frist - alarmiert. Der Vorstandsvorsitzende und einige Vorstandsmitglieder trafen sich daraufhin unverzüglich auf der Parzelle eines Rechtsanwaltes. Zum Glück hat ein großer Verein fast von jedem Beruf einen Vertreter in den Reihen seiner Mitglieder. Im Namen und im Auftrag der Vereinsmitglieder wurde „betreffs der vermögensrechtlichen Ansprüche auf den Grund und Boden des ´Wochenendsiedlervereines Lübschützer Teiche e.V.´“ ein entsprechender Antrag verfasst, der von einem beauftragten Siedler am Tag vor Fristablauf zu später Stunde beim Wachdienst des Landratsamtes Wurzen (von diesem unterschriftlich bestätigt) hinterlegt wurde. Diese kleine, aber wichtige Begebenheit macht deutlich, dass in solchen Zeiten der „allgemeinen Verwirrung“ eine sich unterstützende Gemeinschaft für das Erreichen eines gemeinsamen Zieles unentbehrlich ist. Mit diesem Antrag wurde auf Grund des im vereinigten Deutschland heftig umstrittenen Bodenreformlandes ein sehr langwieriger und, wie sich später herausstellte, kaum erfolgreich begehbarer Weg beschritten. Parallel dazu wurde auch noch die Rückübertragung des Grund und Bodens auf der Grundlage des „Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes“ vom 23.06.1994 beantragt. Dieser Antrag war wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen worden, da nach diesem Gesetz nur „natürliche Personen antragsberechtigt sind“, eine von vielen neuen Erkenntnissen des Vorstandes und der Siedlergemeinschaft in dieser Zeit. Bei all diesen beschrittenen Wegen waren Formalitäten, Termine, Regularien, ein Bürokratismus unbekannten Ausmaßes zu beachten und gleichzeitig mussten Honorare für Rechtsanwälte möglichst vermieden werden. Beide Anträge waren rechtserheblich und aus unserer Sicht moralisch begründet, denn schließlich war unsere Siedlung als Inhaberin von Bodenreformland auf „kaltem Wege“ enteignet worden, was auch 1958 ein Mißbrauch des geltenden Rechts gewesen war.
Der Hauptpachtvertrag mit dem Regionalverband und die Erlangung der Gemeinnützigkeit
Bis auf weiteres mußte der Wochenendsiedlerverein aber mit einem auf der Basis des Bundeskleingartengesetzes abgeschlossenen Hauptpachtvertrag zufrieden sein. Dieser wurde mit der Rechtsnachfolgerin des ehemaligen „Kreisverbandes Leipzig-Land des VKSK“, dem „Kreisverband Wurzen der Kleingärtner e.V.“ (dem späteren „Regionalverband Muldentalkreis“) unterzeichnet. Dieser Vertrag hatte aber den Vorteil, daß auf seiner Grundlage und der Zuerkennung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit alle Pächter lange Zeit über den Regionalverband geschützt werden konnten. So war es auch wichtig, dass der Vorstand vom neuen Regionalverband darauf hingewiesen wurde, dass es notwendig sei, die in der neuen Satzung festgeschriebene Gemeinnützigkeit des Vereines beim Landratsamt noch ausdrücklich schriftlich zu beantragen. In der Wendezeit reichte der oft zitierte „Dreizeiler“, der auch noch formlos sein durfte, um diese zuerkannt zu bekommen. Insofern galt noch das ungeschriebene Gesetz einer gemeinschaftlichen Unvollkommenheit beim Erlernen und Durchdringen des gesamtdeutschen Bürokratismus, der sich hin und wieder auch als notwendig erwies. Der Regionalverband war für den Verein auch eine wichtige Hilfe beim Umgang mit den neuen gesetzlichen Regelungen, so vor allem bei der Handhabung des Bundeskleingartengesetzes, das insbesondere den Kleingärtnern in den neuen Bundesländern lange Zeit Schutz bot gegen Grundstücksspekulationen mit Gartenland. Auch sicherte dieses Gesetz über viele Jahre hinweg einen moderaten Pachtzins, der nur allmählich an die in den alten Bundesländern üblichen Preise angeglichen wurde. Besonders bedeutsam waren die für die Anwendung dieses Gesetzes in den neuen Bundesländern geschaffenen Sonderregelungen, wie z.B. die des Bestandsschutzes für vor dem 3.10.1990 errichtete Gebäude in Kleingärten mit einer überbauten Grundfläche von über 24m2. Die unkomplizierten Zeiten waren spätestens 1999 vorbei. Ein frist- und formgerecht in mehrfacher Ausfertigung und mit ausführlicher Begründung eingereichter Antrag zur Zuerkennung der kleingärtnerischen Tätigkeit in den Parzellen des Vereines hatte eine Begehung durch die zuständigen Mitglieder des Landratsamtes und für den Verein kaum zu erfüllende Auflagen zur Folge. Die Aberkennung dieses Status als Kleingartenanlage war ungeachtet der vom Landschaftsschutzgebiet bestimmten besonderen Gegebenheiten bei der Nutzung des Gartenlandes dieser Siedlung das schließliche Ergebnis. Daran konnte auch die vorher in diesem Verständnis vom Regionalverband Muldentalkreis empfohlene und von der Mitgliederversammlung beschlossene Änderung des Vereinsnamens in „Waldgartenverein Lübschützer Teiche e.V.“ nichts ändern. Ein beim Regierungspräsidium Chemnitz eingelegter Widerspruch hatte keinen Erfolg. Der mit dem Ausscheiden des Vereins aus dem „Regionalverband Muldentalkreis für Kleingärtner e.V.“ nun mit der Gemeinde Machern abgeschlossene Pachtvertrag zog eine sprunghafte Entwicklung des Pachtzinses von 0,20 DM/m2 für Kleingartenland auf 1,00 DM/m2 für Erholungsgrundstücke nach sich. Ab sofort hing über dem Verein das Damoklesschwert einer ständigen Erhöhung des Pachtzinses für Erholungsgrundstücke, der sich in Richtung des Niveaus von vergleichbarem Pachtland der alten Bundesländer entwickelte und in absehbarer Zeit zu eskalieren drohte. In dieser Phase wurde vom Vorstand - angeregt durch einen anderen Gartenverein in der Region - erstmals über einen Kauf von Grund und Boden nachgedacht.
Die Entdeckung des Stasi- Bunkers
Durch ein Ereignis der besonderen Art wurde der Verein in der Wendezeit sogar über die Grenzen Sachsens hinaus bekannt. Jahrelang rätselten die Siedler, was wohl im Jahre 1968 am Rande der Siedlung - mitten im Wald - gebaut worden war!? Wie sich nun herausstellte, war es ein unterirdischer Gefechtsstand für die Bezirksbehörde des Ministeriums für Staatssicherheit für einen möglichen Ernstfall. Viele Mitglieder waren schockiert von der Auflösung dieses „Geheimnisses“ und während der Besichtigung des „corpus delicti“ gleichzeitig erstaunt vom einfachen technischen Standard dieses Bunkers, der die Betrachter auch mit seiner spartanischen Ausstattung nicht an den Luxus für eine elitäre Schicht denken ließ. Der Stasi-Bunker (mit dieser Bezeichnung ging er nunmehr in den Wortschatz der Siedler und Besucher über) wurde im Verlauf der folgenden Jahre vom Bürgerkomitee als Museum eingerichtet, das mittlerweile von Besuchern aus ganz Deutschland besichtigt und in deren Bewertung sehr oft ein unmittelbarer Zusammenhang zum Verein und seinen Mitgliedern gesehen wurde und in absoluten Einzelfällen auch noch wird.
Der Verlauf des Rückübertragungsverfahrens für den Grund und Boden
10 Jahre gab es zwischen dem Sorgenberg und den Lübschützer Teichen fast nur ein Thema, den Antrag auf Rückübertragung des Grund und Bodens. Für jeden war es eine fast existenzielle Frage, ob er positiv entschieden werden würde oder nicht. Eine von der Mitgliederversammlung beauftragte Arbeitsgruppe bemühte sich, Licht ins Dunkel des „Verwaltungsaktes“ von 1958 zu bringen. Besonders Oswin Schindler war es, der in ungezählten Stunden die Akten des Grundbuchamtes Wurzen „gewälzt“ hat, um die Unrechtmäßigkeit dieser Enteignung nachweisen zu können - leider vergeblich. Dann endlich war es soweit: Dem Vorstand wurde 1995 vom Sächsischen Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen der mit Spannung erwartete Bescheid zum Rückübertragungsantrag zugestellt. Darin hieß es kurz und knapp: „Der Antrag auf Rückübertragung an Flurstücken 173 d Machern, 153 und 154 Wenigmachern und 254 und 255 der Gemarkung Lübschütz wird abgelehnt.“ Die Enttäuschung war so groß wie vorher die gespannte Erwartung. Auch der Bescheid auf den erhobenen Widerspruch war eine Ernüchterung für die jahrelangen Bemühungen des Vereins, denn in ihm hieß es u.a., dass der Widerspruch zwar „zulässig, sachlich aber unbegründet“ und „darum zurückzuweisen“ gewesen sei. Daraufhin entschloss sich der Vorstand - und dies war im Sinne der überwiegenden Mehrheit der Siedler - beim Verwaltungsgericht Leipzig eine Klage gegen die Rechtsnachfolgerin des Rates des Kreises, das Landratsamt Muldentalkreis, zu erheben. Das Ziel war das gleiche: Rückübertragung des Grund und Bodens. Diese Klage stützte sich u.a. auf zwei von dem namhaften Rechtsanwalt Prof. Dr. Bönninger angefertigten Rechtsgutachten. Er war ein Spezialist des Bodenreformrechtes und des danach geltenden DDRRechts und kannte sich aus mit der zur Zeit der Klage bestandenen Rechtsauffassung im vereinigten Deutschland. In diesen Gutachten wurde zum einen die „Rechtmäßigkeit des Rückgabeanspruches“ und zum anderen die „Grundbuchfähigkeit eines (zur damaligen Zeit) nicht rechtsfähigen Vereines“ in beeindruckender Art und Weise dokumentiert. Wieder verging eine (diesmal etwa dreijährige) Wartezeit der Hoffnung. Die Optimisten meinten, dass mit den angefertigten Rechtsgutachten dem Verwaltungsgericht eine juristische Brücke gebaut worden war, um eine Entscheidung in Sachen des heftig umstrittenen Bodenreformrechts im Sinne des Vereins treffen zu können. Die Skeptiker dagegen zweifelten am „juristischen Mut“ des Verwaltungsgerichtes, eine, dann möglicherweise für unzählige vergleichbare Fälle in den neuen Bundesländern geltende, Grundsatzentscheidung herbeizuführen. In der Siedlung an den Lübschützer Teichen verstärkte sich mit jedem vergehenden Monat des Wartens der Eindruck, dass eine solche Entscheidung möglicherweise gar nicht gewollt war. Darum wurde die mit der Klage beauftragte Rechtsanwaltskanzlei vom Vorstand beauftragt zu überprüfen, ob eine Erfolgsaussicht auf Rückübertragung überhaupt noch bestand. Im Ergebnis dieser Prüfung wurde vom zuständigen Rechtsanwalt festgestellt, dass auf Grund des Fehlens diverser „Beweisstücke hinsichtlich des Machtmissbrauchs oder von Manipulationen des damaligen Kreisvorstandes Wurzen bzw. des Nichtachtens des damals geltenden DDR-Rechts“ die Klage keine Erfolgschance habe und darum das Verwaltungsgericht Leipzig eine Klagerücknahme empfehlen würde. Seitens dieses Rechtsanwalts, der sich selbst als „bezahlter Bedenkenträger“ bezeichnete, wurden die Chancen des Vereins in einem anstehenden Prozeß zwar als „nicht völlig aussichtslos“ eingeschätzt, aber nach dem damaligen „Sach- und Streitstand“ eine Klagerücknahme als „nicht unvertretbar“ - ins Deutsche übertragen: als „vertretbar“ - bewertet. Da es dem Beschluss der Mitgliederversammlung folgend zeitgleich erfolgversprechende Kontakte des Vorstandes mit einem der Verfahrensbeteiligten, dem Bürgermeister der Gemeinde Machern, Ralf Ziermaier, zur Möglichkeit eines Kaufes des Grund und Bodens durch den Verein gab, wurde die Klage vom Verein - nicht ganz so schweren Herzens - zurückgezogen. Dies wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtes Leipzig vom 12.09.1999 bestätigt. Ein Prozess zur Durchsetzung des Rückgabeanspruches hätte außergewöhnlich hohe Kosten gefordert, die von jedem Mitglied anteilig aufzubringen gewesen wären, aber ein Erfolg wäre sehr fraglich gewesen. Dieses Geld sollte - falls eine Mehrheit sich dafür entscheiden würde - in das Verfahren zum käuflichen Erwerb des Grund und Bodens investiert werden.
Der Kauf des Grund und Bodens
Der Waldgartenverein handelte mit der Gemeinde Machern einen Preis von 15 DM/m2 aus . Da das Bodenwertgutachten 23,00 DM/m2 ergeben hatte, konnte man dieses Verhandlungsergebnis akzeptieren. Von einer befragten Notarin wurde die Möglichkeit einer Kaufhandlung als „Bruchteilseigentümergemeinschaft“ mit Eintrag eines jeden Bruchteilseigentümers in das Grundbuch aufgezeigt. Nun war es an der Zeit, die Bereitschaft der Vereinsmitglieder zu einem solchen Schritt persönlich zu erfragen, denn dieser Weg war als eine alle künftigen Zeiten überdauernde Möglichkeit des Erhaltens ihres Waldgartenvereins zu bewerten. Unterschriftlich hatte sich jedes Mitglied dafür oder dagegen zu entscheiden. Um eine tragfähige Mehrheit hinter sich zu wissen, hatte der Vorstand in Zusammenarbeit mit den Vertrauensleuten gegenüber nicht wenigen Skeptikern eine sehr aufwändige Überzeugungsarbeit zu leisten. Wieder einmal zeigte sich, dass es oft sehr schwer ist, für ein zukunftsorientiertes Projekt eine ausreichende Mehrheit zu schaffen. Zu dieser Zeit wurden sogar Unterschriften gesammelt, um den Kauf zu verhindern. Auch ein dreiseitiger offener Brief an den Vorstand sorgte für Turbulenzen. Darin hieß es beispielsweise: „Hier ereignen sich Absurditäten in der Form, daß ein ganzer Gartenverein abhängig gemacht wird bzw. als eine Art kollektiver Bittsteller in Bedrängnis von der zuständigen Kommune gebracht wird.“ Im weiteren Text wurde die folgende Feststellung getroffen: „ . . . muß der Kauf des Landes als äußerstes Wagnis bezeichnet werden.“ Beendet wurde dieser Brief mit der zukunftsorientierten Aussage: „Bei einigermaßen schlichter Überlegung muß uns der gesunde Menschenverstand sagen, daß der Verein eigentlich nur als Pächter auf gesetzlicher Grundlage einen gesunden Weiterbestand hat, . . .“ Dieser Brief wurde vom Vorstand sehr ernst genommen, denn den sechs Unterzeichnern schlossen sich weitere 38 Bedenkenträger und acht Vereinsmitglieder in einzelnen Punkten an. Da es zu keinem klärenden Gespräch kam, sah sich der Vorstand am 23. Juli 1999 gezwungen, in einer „Offenen Antwort“ auf einen „Offenen Brief an den Vorstand“ wieder öffentlich zu antworten. Auf nunmehr elf Seiten erläuterte der Vorstand seinen Standpunkt und setzte sich mit den Gegenargumenten auseinander. Dabei beachtete er durchaus, dass der vorgesehene Schritt für viele Siedler einschneidende Bedeutung hatte und dass manches Vereinsmitglied die Hoffnung hegte, dass bei der Beibehaltung des Pachtverhältnisses auch mit der Pachthöhe und anderen Ausgaben „alles beim Alten“ bliebe. Das aber musste eine Illusion sein. Nicht wenige der zuvor als Gegner des Vorstandes aufgetretenen Vereinsmitglieder unterstützten letzten Endes den Vorstand und so kam es sogar zu einer überwältigenden Mehrheit von Kaufwilligen. Nicht alle potentiellen Käufer konnten den für die jeweilige Parzelle zuzüglich des anteiligen Erwerbs der öffentlichen Flächen des Vereins errechneten (gesamten) Kaufpreis sofort aufbringen. Und es gab außerdem noch Vereinsmitglieder, die auch nach dem Kauf Pächter bleiben wollten. Darum musste ein Kredit über die nicht unbeträchtliche Summe von 470. 000 DM aufgenommen werden. Dazu war die damalige Hausbank des Vereins, die Hypo-Vereinsbank, nicht bereit, obwohl sie mit dem Verein in fast 10 Jahren Zusammenarbeit nur gute Erfahrungen gemacht hatte. Darum wechselte der Verein zur Deutschen Kreditbank AG. Da von dieser Bank auch noch günstige Zinsbedingungen mit der Möglichkeit halbjährlicher Sonder- tilgungen festgelegt wurden, ist der Verein dieser Bank, die ein für sie überschaubares Risiko eingegangen war, sehr zu Dank verpflichtet. So konnte der Kauf des Grund und Bodens mit einer Fläche von etwa 18 ha und einem Gesamtpreis in Höhe von etwa 2,8 Millionen DM kurzfristig vollzogen werden. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch der Vorstandsvorsitzende und sein Stellvertreter als bevollmächtigte Vertreter des Vereins ein nicht unerhebliches Kribbeln im Magen hatten, als sie das Risiko einer persönlichen Haftung eingingen, das vom beratenden Rechtsanwalt mit den Worten: „Das wollen Sie sich antun?“ sehr höflich umschrieben worden war. Zur notariellen Beurkundung des Kaufs und damit der Eintragung aller Bruchteilseigentümer in das Grundbuch mussten sich diese möglichst vollzählig am 19. November 1999 in einem Hörsaal der Universität Leipzig einfinden. Hier wurden der Kaufvertrag verlesen und die persönlichen Daten aller Beteiligten durch die Notarin zur Kenntnis genommen. Danach hatte jeder seine notariell beglaubigte Unterschrift als Zeichen seines Einverständnisses zu leisten. Im Nachhinein ist es noch immer unglaublich, welch ein hohes Maß an Disziplin alle 650 Anwesenden über 6 Stunden lang in dem völlig überfüllten Hörsaal mit nur 350(!!) Plätzen aufbrachten. Eine solch spektakuläre Aktion, die auch für die Notarin und ihr Team eine neue Erfahrung und Herausforderung zugleich darstellte, konnte nur darum gelingen, weil es ein seit der Wende von vielen Siedlern lang gehegter Wunsch war, die Stunden ihrer Erholungsaufenthalte auf eigenem Grund und Boden zu verbringen, ohne immer nach gräflichen Nachfahren oder irgendwelchen Spekulanten Ausschau halten zu müssen. Die in Vorbereitung dieses Kaufes notwendig gewordene Vermessung der Fläche des Vereinslandes ergab, dass der Verein auch noch von der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) ein Stück des an die Grundstücke des Froschweges angrenzenden Waldes kaufen mußte, um Eigentümer der gesamten Fläche des Waldgartenvereins zu werden. Die Wurzener Ausgabe der Leipziger Volkszeitung titelte am 31.12.1999: „Schlag Mitternacht: Gartenverein besitzt 18 Hektar Grund und Boden“ und der Kommentar in der gleichen Ausgabe dieser Zeitung ist überschrieben mit der zutreffenden Feststellung: „Ein Deal, der sich für alle auszahlt“ So begann am 01.01.2000 für den Waldgartenverein Lübschützer Teiche e.V. der Aufbruch in eine neue Zeit, in eine andere Dimension. Der gewählte Eigentümerbeirat wird sich gemeinsam mit dem Vorstand bemühen, den erreichten Rechtsstatus einer Bruchteilseigentümergemeinschaft zu erhalten und zu schützen. Übrigens konnte das von der Deutschen Kreditbank AG in den Verein gesetzte Vertrauen mit einer vorzeitigen Ablösung des Kredits am 31.01.2003, also schon nach genau 3 Jahren, gerechtfertigt werden. Dies wurde auf Grund der sparsamen Verwaltung der Einnahmen des Vereines sowie durch die von der überwiegenden Mehrheit der Eigentümergemeinschaft anteilig aufgebrachten erforderlichen zusätzlichen finanziellen Mittel möglich. Heute sind von 408 Parzellen lediglich noch 7 Parzellen verpachtet. Alle anderen Parzellen sind im Eigentum der Gartenfreunde.
Der Eintrag des Vereins in das Guiness-Buch der Rekorde
Historisch verewigt für die übrige Menschheit wurde der nicht alltägliche Kauf des Grund und Bodens durch die vom Vorstandsvorsitzenden Jürgen Bernhardt beantragte Eintragung in das "GUINESS BUCH DER REKORDE" des Jahrganges 2002. Dort ist - leider nicht ganz richtig - nachzulesen: "Am 19. Dezember 1999 wurde im Hörsaal 13 der Universität Leipzig (D) der Kauf von 18 ha Land durch 824 Personen als Bruchteilseigentümergemeinschaft notariell beurkundet. Angemeldet wurde dieser Rekord durch Jürgen Bernhardt aus Leipzig (D)." Richtig muss es heißen: Am 19. November 1999 wurde im Hörsaal 13 der Universität Leipzig der Kauf von 18 ha Land durch 650 anwesende Personen, insgesamt aber durch 824 Personen als Bruchteilseigentümergemeinschaft notariell beurkundet . . .
Das Erwirken von Wegerechten
Um den Zugang zu allen Parzellen des Vereines auch für die Zukunft möglichst umfassend zu sichern, wurden bei der BVVG und der Gemeinde Machern noch die notwendigen Wegerechte auf anliegenden Liegenschaften erwirkt und zwar für den Weg „Zum Hasenwinkel“ bis ans Ende der Siedlung sowie für den Zugang zum „Froschweg“ vom Parkplatz aus. Diese sind im Grundbuch der betreffenden Flurstücke eingetragen worden.
Die Änderung der Wegenamen
Die Änderung des Charakters des Vereins in eine von allen politischen Richtungen unabhängige Freizeitorganisation, die den Entwicklungsweg der Gesellschaft wiederspiegelt, machte die Änderung der Wegenamen unbedingt erforderlich. Ein Antrag an die Mitgliederversasmmlung 1993 brachte noch keine Änderung zustande. Seit dem Bestehen des Stasi-Bunkers als Museum wurden Vereinsmitglieder durch Besucher mit Schimpfworten permanent beleidigt, die weit unter der Gürtellinie lagen.
Wie beobachtet werden konnte, hatten an dieser zumeist vorhandenen Grundeinstellung der Besucher des Bunkers die politisch einseitigen Wegenamen einen nicht unwesentlichen Anteil. Die Diskussion zum Problem „Wegenamen“ wurde auch weiterhin kontrovers und zum Teil auch unsachlich geführt. Darum entschloß sich der Vorstand im Jahr 2002, eine umfassende schriftliche Umfrage unter den Vereinsmitgliedern durchzuführen. In deren Ergebnis beschloss der erweiterte Vorstand des Vereins die Umbenennung der Wegenamen. Auf der Grundlage eines von einer Arbeitsgruppe vorbereiteten Entscheidungsentwurfes wurde der Verein wegen einer guten Orientierung innerhalb des Vereins und für die Öffentlichkeit in drei Namensbereiche unterteilt, in die für Blumen, Tiere und Bäume des Landschaftsschutzgebietes, in dem die Siedlung eingebettet ist.
Das Aufstellen von gut in einen Waldgartenverein passenden grünen Wegenamensschildern und das Verteilen von Parzellennummern in der gleichen Farbe sowie das Anfertigen von Schautafeln mit dem Lageplan der Siedlung durch die Firma des Gartenfreundes Werner Dölle geben diesem Ereignis auch äußerlich einen angemessenen Rahmen. Das Vermächtnis gilt denen, die an den Lübschützer Teichen gegen Faschismus und Krieg gewirkt haben und deshalb ihr Leben lassen mußten sowie den Gründervätern des Vereins. Dies ist aber vordergründig keine Frage der Wegenamen, sondern der inneren Einstellung eines jeden Einzelnen. Zur Wahrnehmung dieser Verantwortung beantragte darum der Vorstand bei der Gemeinde Machern, dass der bislang nicht öffentlich gewidmete, zum Zeltplatz führende Weg offiziell den Namen Alfred Franks erhalten sollte. Das wurde im April 2002 durch den Gemeinderat beschlossen.
Die Lübschützer Teiche - ein Naturparadies
Über einige Jahre hinweg hat Rolf Buschmann in einem Gartenbuch die Namen von Vögeln aufgeschrieben, die er auf seiner Parzelle oder in ihrer unmittelbaren Umgebung beobachten konnte. Hier die lesenswerte Liste: Storch, Graureiher, Bussard, Fasan, Blesshuhn, Schwan, Wildente, Waldkauz, Elster, Krähe, Grünspecht, Buntspecht, Schwarzspecht, Kleiber, Amsel, Singdrossel, Star, Buchfink, Haussperling, Girlitz, Grünfink, Feldsperling, Kohlmeise, Blaumeise, Rauchschwalbe, Hausrotschwanz, Trauerfliegenschnäpper, Feldlerche, Zaunkönig, Bachstelze, Eichelhäher, Kuckuck.
Das gesellige Leben im Verein
Kein Verein könnte ohne seine Traditionen bestehen, die den Mitgliedern helfen, sich „in guten und in schlechten Zeiten“ in einer solchen Gemeinschaft geborgen fühlen zu können und sich mit ihrem Verein zu identifizieren. Eine dieser Traditionen ist das Kinderund Sommerfest. Dieser jährliche Höhepunkt des Waldgartenvereines wird auch getragen von den Aktivitäten und den Spenden vieler Siedler, oft auch derer, die keine Kinder oder Enkel haben. Das Programm eines jeden Kinderfestes wurde lange Zeit vom Gartenfreund Wilhelm Schumann mit viel Liebe auf einer Schautafel mit Pinsel und Farbe originell ins Bild gesetzt. Dieses Fest hat auch im Zeitalter von Mega-Ereignissen nichts von seinem Charme und von seiner Anziehungskraft auf die Kleinen und die Großen eingebüßt. Viele Ältere denken manchmal, dass die Kinder heute am Glücksrad, am Schießen mit Pfeil und Bogen, am Büchsenwerfen oder gar am Würfeln keine Freude mehr hätten. Manch einer glaubt, dass „die heutige Jugend“ doch alles habe, was das „zeitgemäße Kinderherz“ begehrt: Walkman, Mountain- Bike, Game-Boy, Computer, Inline-Skates u.v.a.m. Und die zu gewinnenden Preise sind ja wahrlich keine Schätze, mit denen die Kinder hinter’m Gartentor vorgelockt werden können. Doch weit gefehlt! All die ursprünglichen Kinderspiele sind zeitlos und darum immer zeitgemäß. Das ist ein Phänomen und ein gar nicht so kleiner Trost in unserer perfekten Medien- und Computerwelt. Große und kleine Kinder stehen an diesen Spielständen Schlange, nur um irgend einen kleinen, aber heißbegehrten Preis zu gewinnen, den sie sich mit viel weniger Geld als oft der Spieleinsatz ist, hätten auch kaufen können, mit dem sie aber im Moment des Gewinnens die glücklichsten Menschen im Muldentalkreis sind. Angeregt von ihren Kindern und Enkeln werden die Väter und Großväter wieder zu „kleinen Jungs“ und würfeln nicht selten um einen solchen Preis. Manchmal aber würfeln sie auch, um sich die „freimütig“ zu ihrer Schönheit bekennenden charmanten Helferinnen aus der Nähe betrachten zu können... Um den Anreiz für die „großen Kinder“ etwas zu erhöhen, stehen seit einiger Zeit z.B. auch kleine Gartengeräte und Biergläser zur Auswahl. Nicht unerwähnt darf die ungebrochene Anziehungskraft der Feuerwehr, der Polizei, des Johanniter-Rettungsdienstes, der Hüpfburg und des Kremsers bleiben, die immer dicht umlagert sind. Einen der jugendlichen Helfer am Kremser, dem dieser völlig „irgendwo vorbeiging“, hatte dieser über Stunden anhaltende, von ihm kaum zu organisierende „Kinderauflauf“ derart beeindruckt, daß er schließlich sagte: „Bei der letzten Fahrt bin ich dabei, denn irgendwas muss ja dran sein!“ Der Abschluß eines jeden Kinderfest ist der Laternenumzug durch die Siedlung, der leider wegen der ganz Kleinen immer wieder etwas zu zeitig, also noch bei Sonnenschein, beginnen muss. An dem beteiligt sich in Erinnerung an die eigene Kindheit gern auch mancher „Alte“ mit einer Laterne in der Hand. Eine schon lange Tradition ist es, dass unser Gartenfreund Andreas Ruprecht mit seinem „Zerrwanst“ an der Spitze des Umzuges traditionelle Kinderlieder spielt, damit nicht nur die Kleinen mitsingen können. Auf dem seit einiger Zeit geschmackvoll gestalteten Festplatz lassen sich dann die Gestalter und Helfer des Kinderfestes zusammen mit den vielen Gästen nieder, um dieses bei Bier und Wein und einer zünftigen Disko ausklingen zu lassen. In den Tanzpausen sorgen viele nette Spiele für Jung und Alt für ein gemeinsames Vergnügen. Und so wird jedes Jahr wieder das „Waldeck“, das ehemalige Siedlerheim „Alfred Frank“, zum Mittelpunkt der Siedlung.
Nicht zuletzt sorgen auch diese Kinderfeste dafür, daß viele Parzellen traditionell von Kindern und Enkeln übernommen werden bzw. diese sich um andere Parzellen des Vereins bemühen. Die auf diese und andere Weise gewachsene Siedlergemeinschaft ist eine der ältesten Traditionen des Waldgartenvereines überhaupt. Das fand seinen Ausdruck u.a. darin, daß im „Waldgartenverein Lübschützer Teiche“ auch in den Jahren nach der Wende, als es die Menschen in die Ferne zog und von vielen ein Kleingarten als „nicht mehr zeitgemäß abgehakt“ und abgegeben wurde, freie Gärten eine absolute Seltenheit waren.
Der Zeltplatz
Der Zeltplatz als Naherholungsmöglichkeit hat über viele Jahre hinweg auf die Menschen der Region und darüber hinaus einen großen Reiz ausgeübt, das Sommerhalbjahr an den landschaftlich reizvoll gelegenen naturbelassenen Lübschützer Teichen als Dauercamper zu verbringen. Allmählich waren die Zelte auch von stationär angesiedelten Wohnwagen abgelöst worden, so dass auch die zeitgemäße Bezeichnung Campingplatz üblich geworden ist. Die kleinen Bungalows, die bis kurz nach der Wende durch div. Firmen betreut und als Betriebsferienkomplexe benutzt wurden, waren nach Konkurs dieser Firmen in die Verwaltung des Campingplatzes übergegangen und lange Zeit gut ausgelastet. Auch zahlreiche ausländische Touristen fanden sich an den Lübschützer Teichen ein. So war trotz der immer wieder bestehenden Schwierigkeiten mit der Wasserqualität des Badeteiches meistens auch ein aktiver Badebetrieb zu verzeichnen. Der Campingplatz wurde nach der Wende durch verschiedene gemeindeeigene Betriebe geführt. Ihr Engagement war zeitweilig nicht ausreichend, um das Niveau der Einrichtung zu erhalten, geschweige denn zu verbessern. Es gab kaum Investitionen, die bitter nötig gewesen wären, und das machte sich besonders bei den sanitären Anlagen negativ bemerkbar. Die Folge dieses Zustandes, die verbesserte Mobilität der bisherigen Camper und die Möglichkeit, sich jetzt selbst ein kleines Wochenendgrundstück zuzulegen, führten zwangsläufig zu einer Abnahme der Besucher. Waren es Ende der 90er Jahre noch etwa 120 Dauercamper, so sind es heute noch etwa 60, die dem Platz an den Lübschützer Teichen die Treue halten. Sie sehen zugunsten eines liebgewordenen Fleckchens Erde über die Mängel des Zeltplatzes hinweg und schlagen immer wieder an den Lübschützer Teichen ihre Zelte auf bzw. stationieren hier die Wohnwagen. Während die Saison jeweils vom 15. April bis zum 15. Oktober geht, kann man sein Wohnmobil auch über den Winter hier stehen lassen. Und wie vor 70 Jahren die ersten Siedler vom Campingplatz kamen, so kommt auch heute noch die Mehrzahl der neuen Vereinsmitglieder vom Campingplatz. Neben den Dauercampern, von denen einige dem Platz schon seit etwa 30 Jahren die Treue halten, stehen auch 80 Kurzcampingplätze zur Verfügung. Diese werden zumeist von Jugendlichen und Schülern sowie von Städtetouristen genutzt. Sie kamen in den vergangenen Jahren auch aus den Altbundesländern, aus Holland, Frankreich, Finnland, Dänemark und der Schweiz. Zum Campingplatz gehören im Verwaltungsgebäude auch acht Zimmer mit jeweils zwei Betten und dazu ein Aufenthaltsraum sowie im Jugendcamp fünf Bungalows mit 22 Betten und den notwendigen Freizeitangeboten. Seit dem 1. Januar 2003 wird der Campingplatz von der Gaststätte „Lübschützer Teiche“ mit verwaltet. Diese Gaststätte ist nach wie vor ein beliebtes Ausflugsziel für Familien und Radwanderer aus der Region. Regelmäßig wird hier mit guter Küche und Blasmusikkonzerten die sächsische Gemütlichkeit gepflegt. Die Betreiber, Familie Meding, tun sehr viel, um das Leben an den Lübschützer Teichen zu einem kleinen Erlebnis zu machen. Jährlich findet am ersten Wochenende des Monats Oktober das schon traditionelle Fischerfest statt. Das ist eine Wiederbelebung einer alten DDR-Tradition und wird gern von den Besuchern angenommen. Jährlich auch bieten Gaststätte und Campingplatz für das Fußballcamp der Fußballschule Bredow, einem ehemals bekannten Leipziger Fußballer, Unterkunft und Verpflegung und im Juni 2002 fand hier auch das Treffen der fünf Partnergemeinden von Machern aus Frankreich, der Tschechischen Republik, Polen, Österreich und Hessen statt. Darüber hinaus veranstaltet das Gaststättenteam auch Osterfeuer, Neptunfeste und andere absolut publikumswirksame „Events“.
Um uns herum
Reizvolle Landschaft und sehenswerte Wanderziele in der Umgebung der Waldgartensiedlung
Machern
Park: historischer Park, ab 1782 entstandene Anlage im Stile eines englischen Gartens Schloß: mit Gaststätte und Kulturzentrum, reizvoller mittelalterlicher Bau, entstanden im 16. Jahrhundert
Dorfkirche: erbaut im 15. Jahrhundert, mit Grabmälern aus dem 15. bis 18. Jahrhundert
Püchau
erstmals um 995 erwähnt Schloß: mit Backstein-Bogenbrücke, deren Ursprung auf das 16. Jahrhundert zurückgeht, beeindruckender Ausblick auf die Muldentalebenen
Canitz
Wanderziel über die Muldentalwiese; ein Brückenfragment führt über die Mulde zum historischen Gasthof Canitz
Lübschütz
in unmittelbarer Nachbarschaft der Waldgartensiedlung, der Gemeinde Püchau vorgelagert Gaststätte Hoffmann: genannt „Der Fuchs“, Gasthof als Ausspanne bereits im 16. Jahrhundert erwähnt Vor nunmehr 70 Jahren erhielten die ersten Siedler am Lübschützer Sorgenberg ihre Parzellen. Seit dieser Zeit ist der Sorgenberg für viele von ihnen zum „Freudenberg“ geworden. Mehrere Generationen von Natur- und Gartenfreunden, Campern und Touristen machten die Lübschützer Teiche zu einer Stätte der Entspannung und Erholung, der Ruhe, der Begegnung und des Gemeinschaftssinns. Möge diese friedliche Entwicklung auf Dauer fortbestehen.
Humor aus der Parzelle 88
Rippchen mit Bebbge
Schon Montags die erste Frage: „Wolln mor am Sonnahmd grilln?“. „Glaar!“. „Würschde, Schdeeg oder Ribbchen?“. Völlig überflüssige Frage, es gibt sowieso immer Rippchen. Und immer zuviel. Und dann ist uns schlecht. Die Reste bekommt der Hund. Wenn es vorher nicht aufgeregt in Nachbars Hecke raschelt. „Herr Bebbge, wollnse baar Ribbchen ham?“. Darauf wartet er immer. Ein qualmender Grill zieht ihn magisch an. Sein dicker Bauch schimmert matt im Abendsonnenschein. „Gerne, wennch eurem Hund nischd wegesse. Beschdegg brauche ich keens, ich esse gleich midn Pfoodn!“. Das Rippchenproblem ist schnell erledigt, die Knochen wie frisch gescheuert. Der Grill sieht aus wie ein zugekleisterter Gullideckel. Bebbge lehnt sich schwer atmend zurück, Augen starr hervorgequollen. Er bekommt einen Magenbitter, stürzt ihn herunter. Danach lüftet er das Geheimnis seiner Wampe: „Forschdbar, so gehd mit das immer. Sadd, also so richdsch sadd, bin ich nie! Entweder ich habe Hunger oder mir is schlechd!“
Bebbge - der Mulcher
Die Parzelle ruft wieder. Die Laubenpieper wühlen in den Beeten, ärgern sich über Quecken, Vogelmiere und andere unerwünschte Wildkräuter. Bebbge spart sich das Unkrautjäten. Er mulcht. Das hat er im Fernsehen gesehen. Bei Erika Krause. „Du und Dein Garten“. Die mulcht auch. Mulchen, sagt sie, ist, wenn man das alte Laub einfach liegen läßt, auf den Beeten. Konsequent, wie Bebbge nun mal ist, mulcht er alle zu. Er karrte sogar noch Laub aus dem Wald. Sein Garten wird immer höher. Auf neugierige Fragen der Nachbarn, ob sie die Mülldeponie mitbenutzen können, antwortet Frau Bebbge: „Ruhe, mein Mann mulcht!“ Der Erfolg ist phänomenal. Kein Unkraut wagt sich an die Sonne. Auch Petersilie Schnittlauch und Rhabarber verstecken sich repektvoll unter der Vermulchung. Jetzt kann sich Bebbge schon früh einen genehmigen. Durch die Zumulchung des Gartens ist der Erholugswert enorm gestiegen. Seine Nachbarn kann er nur bedauern. Mit ihren ungemulchten Gärten. „Gugge ma“, rief Frau Bebbge, „da hinten wächst Gras!“ „Na ja,“ sprach Bebbge, „Das gann dem besd Mulcher bassieren, dasser sich ma vermulcht!“
Das Lübschützer Lied
Ach du, mein Lübschütz,
im schönen Sachsenland,
bei Machern liegt dein grüner Strand.
Ich möchte ziehen zu dir für alle Zeit
ein Lied zu singen dir, bin ich bereit.
Die schönen Teiche,
umkränzt von Bergeshöhn,
den blauen Himmel möchte ich sehn.
Dorthin, wo Weiden, Erlen, Schilf und Pappeln blühn,
die wilden Enten des Abends ziehn.
Du bist die Heimat,
da steht mein Gartenhaus,
von Sorgen frei ruh ich dort aus.
Wenn deine Sonne lacht und steht im Zenit,
mein Herz, dann weinst du nicht,
dann strahlst du mit.
Drum dir, mein Lübschütz,
sei dieser Trunk gebracht,
weil du mich stets so froh gemacht.
Drum blühe weiter aufs neue immerdar,
dann dankt mein Herz es neu dir jedes Jahr.